Kleinlader

Abschalten! Was Peter Lustig zum Schluss seiner Kindersendung „Löwenzahn“ geraten hat, empfehle ich für das künstliche Fahrgeräusch des Volkswagen e-Up: Der e-Sound (155 Euro Aufpreis) erinnert an das Dreizylindertrommeln der konventionellen Up-Modelle, und zu laut ist er außen auch. Nach der Deaktivierung aber ist Stille. Jetzt ist der Batterie-elektrische Kleinwagen in seinem Element. Der e-Up ist praktisch und agil, ein typisches Auto für die kurze Überlandstrecke oder das Gewirr der Großstadt.

An den viel befahrenen Straßen der Metropolen verursachen Autos am meisten gesundheitsschädliche Abgase. Bezogen auf Hamburg bedeutet das: Ja, was die Containerriesen im Hafen in die Luft blasen, ist viel schlimmer. An der Stresemannstraße und anderen Messpunkten ist es trotzdem der Pkw-Verkehr, der die Anwohner unmittelbar mit Stickoxiden, Feinstpartikeln und Lärm belastet. Das Batterie-elektrische Auto könnte die Emissionen verringern. Offen bleibt die Frage, wie die Menschen in den Mehrfamilienhäusern laden können – mit dem Kabel vom Balkon?

So viel vorweg: Die Ladestrategie beim Volkswagen e-Up (AC langsam, DC schnell) hat mich im Vorfeld skeptisch gemacht. In der Lebenswirklichkeit erwies sie sich als Joker.

Urbane Ladesituation bessert sich

Vor drei Jahren gab es in Hamburg ein paar Wechselstrom-Ladesäulen. Ich brauchte zur Identifikation eine spezielle RFID-Karte, und in dicht besiedelten Wohngebieten waren die Plätze davor meistens zugeparkt – von Autos mit Verbrennungsmotor. Die Polizei konnte ein Ticket unter den Scheibenwischer klemmen. Eine Zwangsräumung war wegen unklarer Rechtsfragen noch nicht durchsetzbar.

Die Situation hat sich radikal geändert. Inzwischen gibt es statt einer drei AC-Säulen im Umkreis von einem Kilometer. Ich kann den Strom niederschwellig per SMS oder mit einem RFID-Chip von überregionalen Anbietern wie The New Motion freischalten. Die Polizei Hamburg schleppt Falschparker unaufgefordert und konsequent ab.

An der Wechselstrom-Säule ist der e-Up leider ein so genannter Schnarchlader. Mit 3,7 kW Leistung dauert die Vollladung sechs Stunden. Und die Parkdauer auf den Ladeplätzen ist mit Rücksicht auf andere BEV-Fahrer auf maximal zwei Stunden begrenzt. Bei einem winterlichen Verbrauch von 18,9 kWh auf 100 Kilometer hätte ich also jeweils nur Strom für rund 40 Kilometer speichern können – wenn nicht neuerdings in fußläufiger Entfernung eine DC-Säule errichtet worden wäre. Wunderbar.

AC oder DC?

Im Rahmen des gerade von der EU-Kommission genehmigten Förderprogramms des Bundesverkehrsministeriums wird Hamburg mindestens 66 weitere davon bekommen. Deutschlandweit werden es 5.000 sein. Und hier erinnert (nicht gleicht) das Laden des Volkswagen e-Up fast dem Tanken von Benzin.

Ich räume ein: Nach dem ersten Ladevorgang an der Gleichstrom-Säule war ich verdorben und habe den e-Up fast nur noch auf diese Weise mit Strom versorgt. Zehn Minuten oder auch mal 20, genug für die schnelle Ladung zwischendurch. Viele Kilometer kommen innerhalb Hamburgs nicht zusammen, und die benötigen Energiemengen sind entsprechend klein. Zusätzlich ist für einen Stadtbewohner wichtig, bis zum nächsten Multicharger an der Autobahn zu kommen; das sind oft weniger als 50 Kilometer. Ich habe auf dem Weg an die Ostsee am Rasthof Buddikate neue Energie gebunkert und bin mit Tacho 130 (bei der echten Höchstgeschwindigkeit von 130 zeigt er 135 km/h an) weitergestromert. Bemerkenswert: Trotz der geringen Kapazität von nur 18,7 kWh war die Ladeleistung lange nah an den maximal möglichen 50 kW. Oberhalb eines Batteriestands von 80 Prozent wird inzwischen nicht mehr radikal auf 3,7 kW abgebremst, sondern kontinuierlich und in Abhängigkeit der Temperatur reduziert.

Offenbar, und ich sage das mit der gebotenen Vorsicht, die bei allen Prognosen fürs Batterie-elektrische Fahren gilt, befinden wir uns zurzeit in einem Änderungsprozess: Bisher war eine hohe AC-Ladeleistung wie beim Renault Zoe (22 kW serienmäßig, bei älteren Modellen sogar 43 kW) der Garant fürs leichte Leben. Das wird für alle, die vorwiegend zu Hause zapfen, weiterhin so sein. Durch den Zubau von DC-Säulen ist das AC-Laden unterwegs dennoch vergleichsweise langsam, zumal außer beim Renault eher elf kW (BMW i3 gegen Aufpreis) oder 7,2 kW (Serie im neuen e-Golf) die Regel sind.

Eine Viertelstunde Gleichstrom bedeuten beim Volkswagen e-Up rechnerisch 12,5 kWh, und selbst bei Kälte war dieser Wert in der Realität nahezu erreicht (abgelesene 47 kW effektiv an einer 50 kW-Säule). Achtung: CCS ist weiterhin kostenpflichtig. Volkswagen verlangt dafür 625 Euro.

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Die Reichweite des e-Up ist mit knapp 100 Kilometern (NEFZ: 160 km) ziemlich gering. Für Kleinwagen-typische Einsatzzwecke zwischen Kindergarten und Büro mag das ausreichen. Für alles andere ist es ein Geduldsspiel, denn selbstverständlich – um im Beispiel zu bleiben – fahre ich die 120 Kilometer bis zum Ostseestrand mit jedem Verbrennungsmotorauto hin und zurück ohne Tankstopp.

Ohne Wärmepumpe hoher Heizenergiebedarf

Außerdem könnte der Verbrauch des e-Up von 18,9 kWh auf 100 Kilometer geringer sein, wenn er eine Wärmepumpe hätte. Die Momentanverbrauchsanzeige wies nach dem Start bei Frostgraden im kurzfristigen Extremfall bis zu 5 kW aus. Im Stillstand an der Ampel abgelesen. Ein Wert, der sich naturgemäß zügig reduziert. Ich kenne allerdings den Vergleich etwa zu einem Nissan Leaf, bei dem die Wärmepumpe seit der technischen Überarbeitung 2013 serienmäßig ist: Dort sinkt der Heizenergiebedarf innerhalb weniger Kilometer auf dreistellige Wattzahlen ab.

Der Volkswagen e-Up hat aber auch konstruktive Stärken. Eine davon ist die verstellbare Rekuperation. Wenn ich sie auf null stelle, gleitet der e-Up dahin, er rollt und rollt. Zuletzt hatte ich diese Option im Hyundai Ioniq electric erlebt; es ist erstaunlich, wie widerstandsarm ein Auto vorankommen kann.

Dass der Up ein im Grundsatz gut gemachter und komfortabler Kleinwagen ist, steht ebenfalls außer Frage. Mit dem Facelift gab es minimale optische Änderungen, und die „map + more“-Funktion ist jetzt als Umsonst-App fürs Smartphone erhältlich. Läuft ziemlich gut.

Die Marktchancen sind begrenzt

Wer ist der Konkurrent des e-Up? Bei einem Grundpreis von 26.900 Euro plus 625 Euro für CCS minus 4.000 Euro staatliche E-Prämie ergeben sich 23.525 Euro. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht kann der e-Up also nicht ansatzweise mit seinen Dreizylinder-Geschwistern mithalten. Die monetäre Lücke ist einfach viel. Zu. Groß. Vor allem, wenn man die tatsächlichen Handels- und nicht die Listenpreise betrachtet.

Fans der Batterie-elektrischen Autos ist das egal. Sie vergleichen Stromer mit Stromer. Ist der Renault Zoe, der klar zu einem größeren Fahrzeugsegment gehört, eine Alternative? Mit der alten 22 kWh-Batterie ist er ab 30.100 Euro zu haben. Die Franzosen stocken die E-Prämie auf 5.000 Euro auf, macht 25.100 Euro.

Den Außenmaßen nach ist allein der Smart Forfour electric drive ein direkter Wettbewerber. Er ist mit 22.600 Euro minus Staatsbonus gleich 18.600 Euro erheblich günstiger als der e-Up. Leider ist er nicht DC-ladefähig, und die für meine persönlichen (städtischen) Zwecke elementare AC-Leistung von 22 kW wird frühestens im Herbst ausgeliefert.

Geht es also nur ums Geld, sind die Marktchancen des Volkswagen e-Up begrenzt. Seine Stärke ist der moderne Fahrspaß, den er verkörpert. Er ist leichter als ein BMW i3, knackig in der Kurve und mit Gleichstrom schnell wieder einsatzfähig. Der Preis aber muss runter. Dringend.

Erschienen am 28. Februar bei heise Autos. Ein weiterer Beitrag zum e-Up ist in der Februar-Ausgabe des Print-Magazins ELEKTRO AUTO MOBIL zu lesen.

Bildquelle: Christoph M. Schwarzer

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