Der elektrische Passat

Volkswagen zeigt auf der L.A. Motorshow den ID. Space Vizzion: Die Studie gibt einen konkreten Ausblick auf die Serienversion, die 2021 Premiere feiert und – dann auch als Limousine – Anfang 2022 in den Verkauf geht. Der ID. Space Vizzion ist nicht weniger als ein Batterie-elektrischer Passat. Ein hausinterner Konkurrent, eine Antriebsalternative und zwischen den vielen neuen SUVs endlich ein Kombi. Flach, lang und mit viel Platz dürfte er vor allem für europäische Kunden interessant sein.

Dass der ID. Space Vizzion die elektrische Interpretation des Passat-Themas ist, sieht offenbar auch Volkswagen so und nennt ihn im Pressetext den „Variant von morgen“. Die stimmigen Proportionen kaschieren die Außenmaße: Der ID. Space Vizzion ist 4,96 Meter lang (Vergleichszahlen Passat B8: 4,89 m), 1,9 Meter breit (1,83 m) und 1,53 Meter hoch (1,52 m). Ein Riese. Dass das Kofferraumvolumen mit 586 Litern trotzdem unter dem des heutigen Variant (650 Liter) liegt, ist dem Heckmotor geschuldet: Er baut zwar kompakt, hat aber einen gewissen Mindestraumbedarf.

„Bis zu“ 590 Kilometer Reichweite

Der ID. Space Vizzion hat in der Basisversion einen Heckantrieb und 205 kW (279 PS) Leistung. Das maximale Drehmoment des Elektromotors beträgt 550 Newtonmeter (Nm). Die Nettokapazität der zwischen den Achsen liegenden Batterie gibt Volkswagen mit 77 Kilowattstunden (kWh) an; brutto sind es 82 kWh. Die gespeicherte elektrische Energie soll im WLTP-Zyklus für „bis zu“ 590 km reichen. Hier ist wegen der laschen Testvorgaben in der Realität deutlich weniger zu erwarten, was auch der Blick auf den Wert im US-Zyklus EPA andeutet: Dort sind es 483 km (300 Meilen), und auf der Autobahn dürften es bei Richtgeschwindigkeit rund 350 km sein.

Daneben wird Volkswagen eine allradgetriebene Version namens 4Motion auf den Markt bringen. Mit einem zweiten Elektromotor an der Vorderachse ergibt sich eine Systemleistung von 250 kW (340 PS), die den ID. Space Vizzion in 5,4 Sekunden auf 100 km/h treiben sollen. Die Höchstgeschwindigkeit ist grundsätzlich bei 175 km/h abgeriegelt. Um schnell von einem Ort zum anderen zu kommen ist auch die maximale Ladeleistung mit Gleichstrom wichtig: Volkswagen sagt, dass es bis zu 150 kW sind. In einer runden halben Stunde soll die Batterie auf 80 Prozent geladen sein.

Der ID. Space Vizzion baut auf dem bekannten Modularen Elektrifizierungsbaukasten (MEB) auf. Volkswagen fährt die Stückzahl hoch, um die Kosten zu senken. Angesichts der nicht übermäßig großen Batteriekapazität, die klar unter der 100 kWh-Marke bleibt, könnte der Preis bei etwa 50.000 Euro liegen, also leicht über dem Niveau eines Passat Variant GTE. Vielleicht wird der ID. Space Vizzion damit zum Vernunft- und nicht zum Luxusauto.

cW-Wert 0,24 und Durchströmungsöffnungen

Um eine gute Autobahnreichweite zu erzielen, haben die Entwickler an der Aerodynamik gearbeitet. Der Luftwiderstandsbeiwert cW liegt bei 0,24. Darüber hinaus hat die Studie diverse Durchströmungsöffnungen in der Karosserie: Eine Lücke für den Fahrtwind ist zum Beispiel zwischen den Scheinwerfern und einer Querspange in der vorderen Haube eingebaut. Am Heck sollen Dachkantenspoiler mit beidseitiger Umströmung, Abrisskante und Diffusor für möglichst wenig Verwirbelungen sorgen.

Im Innenraum wirkt der ID. Space Vizzion von Tesla inspiriert. So gibt es lediglich zwei Lenkstockhebel. Der rechte ist ausschließlich für das Einlegen der Fahrstufen und die Verstellung der Bremsenergierückgewinnung da. Der linke übernimmt Blinker und Scheibenwischer. In der Mitte des Armaturenbretts dominiert ein 15,6 Zoll großer Screen im Querformat, während es im direkten Blickfeld des Fahrers nur eine kleine Anzeige mit den wichtigsten Informationen gibt. Die eigentliche Funktion der klassischen Rundinstrumente übernimmt nun ein großes Augmented Reality Display, das „perfekt einsehbar“ sein soll. Diese Technik setzt Volkswagen zuerst beim ID.3 ein.

Die Antwort auf die Frage nach einem elektrischen Familienkombi

Während das Augmented Reality Display genau so kommen dürfte, darf an den digitalen Türgriffen gezweifelt werden: Statt mechanischer Griffe soll eine berührungsempfindliche Oberfläche vorhanden sein, die optisch pulsiert und nach einem zusätzlichen haptischen Feedback öffnet. Unabhängig von der Zulassungsfähigkeit dieser Lösung könnten sich Passagiere durchaus unwohl fühlen – robuste Türgriffe haben eine Sicherheitsfunktion.

Aber darum geht es bei Studien wie dem ID. Space Vizzion: Zeigen was geht. Dass in diesem Zusammenhang auch viel die Rede von nachhaltigen Materialien wie dem Ersatz von Tierhautleder durch eine Mischung aus Polyurethan und Reststoffen der Apfelsaftproduktion ist, gehört einfach dazu und ist interessant.

Mit dem ID. Space Vizzion gibt Volkswagen eine Antwort auf die vielfach gestellte Frage nach einem Batterie-elektrischen Familienkombi. Mag es auch nicht jedes Detail der Studie in die Serienversion schaffen: Das Auto wird Anfang 2022 ausgeliefert. Dass der ID. Space Vizzion bei den Ausmaßen an die Grenzen der Alltagstauglichkeit gerät, entspricht leider dem Zeitgeist. Aber vielleicht schiebt Volkswagen später eine Nummer kleiner nach.

Erschienen bei heise Autos.

Bildquelle: Volkswagen

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