Sicher ist sicher

Du sollst Deine Kunden kennen. Bei Volvo bedeutet das, den Markenkern aus Sicherheitsgefühl, solidem Komfort und schwedischem Design zu bedienen. Genau das tut der XC40 Recharge T5 mit Plug-in-Hybridantrieb. 143 der 946 im Februar neu zugelassenen XC40 entfielen auf diese Motorversion. Das entspricht etwa 15 Prozent. Ein ausbaufähiger Anteil, weil der Recharge T5 ein in sich stimmiges und geschmeidiges Fahrzeug ist, für den es beim Hauptkonkurrenten Volkswagen Tiguan noch kein Pendant gibt.

Der Bruttolistenpreis des Volvo XC40 Recharge T5 beginnt bei 49.550 Euro. Zum Vergleich: Ein Opel Grandland X Hybrid startet bei 44.190 Euro und ein Mercedes GLC 300e 4Matic bei 56.108,50 Euro. Über den so genannten Umweltbonus mindert sich dieser Wert um 1.850 Euro netto durch den Hersteller und 1.850 Euro brutto durch den Steuerzahler in Gestalt des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Für gewerbliche Käufer dürfte vor allem die Halbierung der Versteuerung des geldwerten Vorteils der Privatnutzung interessant sein. Volvo war eben nie im Niedrigpreissegment unterwegs. Im Gegenzug gibt es einen realen Gegenwert.

In hochwertiger Tradition

Der XC40 verkörpert tatsächlich die gängigen Klischees. Die Verwindungssteifigkeit der Karosserie ist hoch, die Dämmung der Wind- und Fahrwerksgeräusche sehr gut. Es ist leise im Innenraum, und beim Testwagen stört noch kein künstlicher Außensound (Acoustic Vehicle Alert System, abgekürzt AVAS) den akustischen Frieden der Wohnsiedlungen und Spielstraßen. Auch die Verarbeitungsqualität ist hochwertig, wobei die Kombination aus beiger Innenausstattung und Rot-Weißer Außenfarbe auf den Straßen an Elbe und Alster selten zu finden ist. Hier dominiert das „Hamburger Bunt“: Alles ist Schwarz.

An einer Wallbox oder einer öffentlichen Säule lädt der XC40 Recharge T5 einphasig in rund drei Stunden auf. Von der Gesamtkapazität von 10,91 Kilowattstunden (kWh) sind 8,51 kWh fürs externe Laden freigegeben; der Rest dient als Puffer für den Hybridbetrieb bei leerem Speicher. Die Reichweite lag in der Praxis in Abhängigkeit des Geschwindigkeitsprofils bei 42 bis 54 Kilometern (km). Genug, um lokal emissionsfrei in eine Metropole hinein- und wieder herauszufahren. Und wohl auch ausreichend für typische Alltagstrips im suburbanen und ländlichen Umfeld.

Sanft statt zackig

Spannend ist wie so oft der Aufbau des Plug-in-Hybridantriebs: Anders als bei den großen Baureihen XC90, V90 und XC60 hat der XC40 keine Trennung von verbrennungsmotorischer und elektrischer Achse. Der XC40 ist ein Fronttriebler mit Parallelhybridaufbau, der auf den ersten Blick an die GTE-Modelle von Volkswagen erinnert: Ein Dreizylinder-Ottomotor mit 132 kW ist an ein 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe mit integrierter E-Maschine (60 kW Leistung) gekoppelt. Die Systemleistung addiert sich auf 192 kW (ehemals 262 PS). Was Volvo daraus macht, fühlt sich aber völlig anders an als bei Volkswagen.

Alles ist auf Komfort ausgelegt. Der Motorstart zum Beispiel ist bei wenig Lastanforderung Toyota-mäßig unmerklich. Die Gangwechsel erfolgen nicht zackig, sondern eher wie bei einer sanften Wandlerautomatik. Unter Volllast ist spürbar, wie sich die Kraft erst aufbaut, vorm Gangwechsel zurückgenommen wird und danach wieder anwächst. Auffällig ruckarm ist auch der reine E-Betrieb, in dem die Gangwechsel sauber verschliffen sind. Das ist nicht so perfekt wie bei einer ausschließlich elektrischen Achse und dennoch schon ziemlich gut.

Für den Standardsprint auf 100 km/h gibt Volvo 7,3 Sekunden an. Das ist glaubwürdig, fühlt sich wegen der aufwändigen Geräuschdämmung jedoch nicht so an. Überhaupt ist der XC40 Recharge T5 eines dieser Autos, bei dem man besser ab und zu auf dem Tachometer prüfen sollte, ob man nicht zu schnell dahingleitet. Abstriche gibt es natürlich trotzdem. So ist das Klangbild des Dreizylindermotors unter Last nicht besonders gelungen. Hier könnte Volvo nacharbeiten. Ebenfalls verbesserungsfähig ist die Auslegung des E-Betriebs im Modus „Pure“: Bei einstelligen Außentemperaturen kam es vor, dass der Verbrennungsmotor ansprang, obwohl im Fahrzeugmenu bei der Innentemperierung „elektrisch“ gewählt worden war. Es ist störend, wenn der Wunsch nach der Stromfahrt unterbrochen wird.

Spielerisch fahrbar dank präziser Lenkung

Positiv wiederum ist die Lage der Batterie im Kardantunnel. Der Kofferraum bleibt groß, und der Schwerpunkt liegt unten in der Fahrzeugmitte. Weil der Volvo eine komfortable Fahrwerksabstimmung und zugleich eine geringe Wankneigung hat, wird die Kurvenfahrt nicht zum wogenden Schlingern. Es kann sauber um die Ecken gesteuert werden, was angesichts des EU-Leergewichts (also inklusive 75 Kilogramm für Normfahrer und Gepäck) von 1.812 kg keineswegs selbstverständlich ist. Hinzu kommt die leichtgängige und präzise Lenkung, die nicht gefühllos ist und eine gute Rückmeldung bietet. Der Eindruck eines insgesamt spielerisch und angenehm zu fahrenden Autos rundet sich ab.

Zum Verbrauch: Aus einem Nettoladehub von 8,51 kWh und 42 bis 54 km Reichweite errechnen sich ein Stromkonsum von 15,8 bis 20,3 kWh auf 100 km. Für einen Plug-in-Hybrid dieses Formats ist das wenig. Dazu addieren sich auf der Rechnung des Versorgers Ladeverluste von rund 18 Prozent.

Klassenüblicher Spritverbrauch

Ist der elektrochemische Speicher entleert und wird nur noch mit dem hybridisierten Verbrennungsmotor gefahren, liegt der Spritkonsum auf dem in diesem Segment üblichen Niveau: 7,4 Liter Superbenzin sind etwas mehr als beim aerodynamisch günstigeren Volkswagen Passat GTE (7 Liter) und etwas weniger als bei einem Opel Grandland X Hybrid 4 (8,1 Liter). Wer vorwiegend auf Sparsamkeit Wert legt, muss wie gehabt zu Toyota gehen, wo die Version des RAV4 mit Ladestecker erst in der zweiten Jahreshälfte erwartet wird. Der Vollständigkeit halber noch der gesetzlich vorgeschriebene Fantasiewert nach WLTP laut Fahrzeugschein: 48 g CO2 / km oder 2,1 l / 100 km.

Der Durchschnittsverbrauch variiert in Abhängigkeit der Höhe der Geschwindigkeit. Im Überlandbetrieb waren minimal 5 Liter möglich. Bei einer Autobahntour bis 130 km/h und etlichen verzögernden Baustellen ergaben sich 6,5 Liter. Bei freier Strecke und konstanter Richtgeschwindigkeit (Anzeige dabei: 135 km/h) genehmigte sich der XC40 8,5 Liter. Anmerkung: Der Testwagen gehörte noch zum 2020er Modelljahr ohne Begrenzung. Wer jetzt bestellt, bekommt die 2021er Version, die auf 180 km/h limitiert ist. Bei diesem Tempo liegt der Volvo sehr souverän und unausgelastet auf der Straße, und der an sich völlig ausreichende Tankinhalt von 48 Litern scheint zu schrumpfen, weil der Verbrauch zweistellig ist.

Ausgereifte und sichere Assistenzsysteme

Ein Kompliment verdient der Volvo XC40 Recharge T5 für die Fahrassistenzsysteme. Sie machen das, was sie sollen: Helfen, ohne zu verwirren. Unterstützen, ohne zu stören. Die adaptive Geschwindigkeitsregelung etwa arbeitet ohne Fehler. Die Spurführung des „Pilot Assist“ steigt auch bei gelben Baustellenmarkierungen nicht aus. Und die Verkehrszeichenerkennung funktioniert so gut, dass man sich fragt, warum Volvo die Übernahme in den Tempomat noch nicht zulässt. Grundsätzlich gilt, dass alle Systeme eben nicht den Eindruck erwecken, der Fahrer wäre ein Beta-Tester der Industrie. Stattdessen ist alles auf Klarheit ausgelegt. Leider lässt sich Volvo diese Features fast durchgehend bezahlen: Zu den 1.550 Euro für „IntelliSafe-Paket Pro“ (Pilot Assist, Rundum-Totwinkelwarner, Querverkehrswarnung und mehr) sollte der 360-Grad-Blick (990 Euro) bestellt werden, wodurch sich der Mehrpreis für den daran gebundenen Park Assist Pilot auf 240 Euro reduziert. Eine letztlich moderate und eindeutig empfehlenswerte Investition.

Vorne an der linken Fahrzeugseite ist der Deckel für den Ladezugang. Volvo hat hier eine kleine schwedische Plastikfahne angebracht. Das wäre nicht nötig gewesen, denn dass die Marke seit zehn Jahren zu Geely gehört, hat den Produkten gutgetan. Offensichtlich lassen die Chinesen die Skandinavier einfach machen. Der XC40 Recharge T5 ist ein gelungenes Auto. Vorerst ist er auch der einzige XC40 mit Ladestecker: Zwar steht der Batterie-elektrische XC40 Recharge P8 bereits für 62.000 Euro in der Preisliste, dürfte aber in diesem Jahr kaum noch ausgeliefert werden. Etwas früher wird die Konzernmarke Polestar den Polestar 2 auf die Straße bringen, der kein SUV, sondern eine Schräghecklimousine ist. Für eher vorsichtige Kunden ist die Annäherung an die Elektrifizierung über einen Plug-in-Hybrid ohnehin leichter verdaulich als der direkte Sprung zum Elektroauto. Sicher ist sicher.

Erschienen bei heise Autos.

Bildquelle: Christoph M. Schwarzer

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