Wer die friedliche Ruhe auf einem Campingplatz stört, ist unbeliebt. Eigentlich wäre das ein Argument für elektrische Wohnmobile und Zugfahrzeuge. Der Caravan Salon in Düsseldorf aber zeigt: Die Dominanz des Dieselmotors hält an. Auf der Leistungsschau der Boombranche ist Strom eine Energiequelle für die Kühlbox, den Fernseher oder den Induktionsherd. Beim Vortrieb ist er die Ausnahme – nur die zur Erwin-Hymer-Group gehörende Marke Dethleffs zeigt ein gewisses Engagement.
Dethleffs war schon im letzten Jahr durch den Wohnwagen e.home coco aufgefallen. Der hatte eine elektrische Antriebsachse von ZF, die ihre Energie aus einer 80 Kilowattstunden (kWh) fassenden Batterie im Boden bezog. Die Leistung der beiden Radnaben-nahen Motoren betrug je 40 Kilowatt (kW) bei je 470 Newtonmetern (Nm) Drehmoment. Das Ziel: Weil der e.home coco selbst Kraft hat, kann die notwendige Anhängelast des Zugfahrzeugs sehr niedrig ausfallen, digital gesteuert werden und bei zum Beispiel 100 Kilogramm (kg) liegen. Dazu kommen eine erhöhte Fahrsicherheit sowie die Fähigkeit zur Rekuperation beim Bremsen und bei Bergabfahrt. Was im letzten Jahr als Idee gestartet war, ist in überarbeiteter Form auch 2019 wieder zu sehen. Nach Auskunft eines Sprechers ist nach dem Demonstratorprojekt ein Prototyp im Bau. Dieser nur auf den ersten Blick exotische Ansatz wird also weiterverfolgt, was angesichts der erwartbaren Verbreitung von Batterie-elektrischen Autos mit relativ geringer Anhängelast mittelfristig wichtig ist.
Wesentlich näher an der Campingwirklichkeit ist der Globevan e-Hybrid von Dethleffs: Das ist vereinfacht gesagt ein Ford Transit Custom Plug-in-Hybrid mit dem Ausbaukonzept eines Volkswagen T6 California. Die technische Basis des Globevans kommt Anfang 2020 auf den Markt. Danach darf auch mit der Auslieferung das Campingbusses gerechnet werden. Die Systemleistung liegt bei 92 kW (126 PS), und die Preise beginnen bei grimmigen 75.000 Euro. Hier wird eben nicht auf ein extrem günstiges Nutzfahrzeug zurückgegriffen. Im Gegenzug gibt es eine 14 kWh fassende Batterie, die den Ford bis zu 50 km nach NEFZ elektrisch fahren lässt. Danach springt der bekannte Ford-Benzinmotor mit drei Zylindern und einem Liter Hubraum an. Er hat keine mechanische Verbindung zum Rad und produziert Strom für die Batterie. Ein Aufbau, der sich bereits beim BMW i3 mit Range Extender als wenig effizient erwiesen hatte. Dennoch ist dieser Plug-in-Hybrid eine der raren Möglichkeiten, überhaupt einen typischen Kastenwagen mit etwas anderem als einem Dieselmotor zu bewegen.
Mercedes und Volkswagen ohne E
Anders als im Vorjahr halten sich Mercedes und Volkswagen vornehm zurück, wenn es um elektrische Basis- oder gar Kauffahrzeuge geht. Mercedes etwa hatte 2018 einen Teilintegrierten mit dem Antriebsstrang des Mercedes F-Cell gezeigt. Also ein Wohnmobil, dass einige Kilometer Batterie-elektrisch und danach Brennstoffzellen-elektrisch fahren konnte. Und obwohl die Marke mit dem Stern vor wenigen Tagen den Van EQV mit 100 kWh-Batterie vorgestellt hat, ist davon auf dem Caravan Salon in Düsseldorf kein Derivat zu sehen. Das Beste oder nichts? Selbstzünder oder nichts!
Ähnlich sieht es bei Volkswagen Nutzfahrzeuge aus. Die Konzernmarke aus Hannover hatte auf der IAA eine Stromoffensive gestartet: Die Palette reichte vom e-Crafter über den zukünftigen ID.BUZZ bis zum von Abt auf Elektrotraktion umgebauten e-T6 sowie dem e-Caddy. Auf der Campingmesse zeigt Volkswagen den zum T6.1 überarbeiteten Bulli, den auf dem Crafter basierenden Grand California – und alles mit TDI-Motoren.
So darf es für die Lebensrealität der Wohnmobile als größter Umweltfortschritt dieses Jahres gelten, dass Fiat den Ducato umfangreich modernisiert hat. Das Chassis des Ducato ist günstig. Außerdem ist der Ducato in der Version als Kastenwagen die entscheidenden Zentimeter breiter als Mercedes Sprinter und Volkswagen Crafter, um ein sinnvolles Querbett im Heck zu ermöglichen. Die Dieselmotoren des Fiats bekommen mit dem neuen Modelljahr – endlich – alle einen SCR-Katalysator, um die Abgasgrenzwerte einzuhalten. Diese Limits gelten für Nutzfahrzeuge (N1) jeweils ein Jahr später als für Pkw (M1). Ebenfalls attraktiv ist die Option, eine 9-Gang-Wandlerautomatik zu bestellen. Angesichts des Trends zum relativ erschwinglichen Kastenwagen sind das gute Nachrichten.
Kleinstserienumbau zum Höchstpreis
Wie weit der Weg vom Ducato-basierten Diesel-Wohnmobil zum gleichen Fahrzeug mit Batterie-elektrischem Antrieb ist, zeigt der Iridium 70 EB. Gegenüber der ersten Generation des Iridium wuchs die Kapazität des elektrochemischen Speichers von 86,4 auf 108 kWh und zugleich die Motorleistung von 105 auf 140 kW. Die Reichweite von mehr als 400 km darf trotz der auf 100 km/h limitierten Höchstgeschwindigkeit als theoretischer Wert angesehen werden. Den Umbau übernimmt EFA-S (Elektrofahrzeuge Stuttgart), ein Unternehmen, das durch Lieferungen an UPS eine große Erfahrung bei der Umrüstung von Diesel- auf Stromantrieb. Wer will, kann also mit einem alternativen Antrieb reisen. Der Preis allerdings ist horrend: In der aktuellen Ausführung geht es bei 169.000 Euro los. Typische teilintegrierte Wohnmobile wie dieses sind mit Selbstzünder ab gut 40.000 Euro zu haben.
Der Besuch auf dem Caravan Salon lässt also nur einen Schluss zu: In dieser Klasse ist der Dieselmotor nicht nur präsent, sondern nahezu der Alleinherrscher. Er ist durch eine funktionierende Abgasreinigung radikal emissionsärmer geworden als die Altfahrzeuge, die noch sehr lange durch Europa touren werden. Wer irgendetwas mit Strom sehen möchte, sollte einen Blick auf die Heckfahrradträger der Campingmobile werfen: Hier hat sich der Elektromotor in Gestalt der Pedelecs weitgehend durchgesetzt.
Erschienen bei heise Autos.
Es ist natürlich auch wenig sinnvoll, ein Fahrzeug zu elektrifizieren, dass nur einige tausend Kilometer pro Jahr fährt. Und das ist bei den meisten Wohnmobilen so. Die wenigen Vielfahrer fahren dann auch so weite Strecken, dass sich der Elektroantrieb auch nicht vernünftig einsetzen lässt.
Auch wenn diese Fahrzeuge sehr lange leben, ist die Änderung des Antriebes momentan noch viel zu früh, es gibt einfach viel bessere Einsatzgebiete.