Kundenwunsch

Kia hat es kapiert. Das Rezept zum Verkaufserfolg in der Kompaktklasse ist simpel: Baue ein praktisches Auto. Am besten eine Art hoch gelegten Kombi, damit die Sitzposition stimmt. Versehe das Ganze mit zarten Designelementen eines SUVs. Verwende einen sparsamen Motor, aber bitte keinen Diesel. Ein Benzinhybrid muss es sein. Dazu – besonders wichtig bei Privatkunden – noch üppige Garantieleistungen. Fertig ist der Kia Niro. Ab September steht der Neue aus Südkorea beim Händler. Wir stiegen in Hamburg ein, um einen ersten Eindruck zu bekommen. Und der ist weitgehend positiv.

Was auffällt: Die Kia ist mit 1,81 Meter für dieses Segment sehr breit, und das kommt der Ellenbogenfreiheit im Innenraum zu Gute. Das Raumgefühl vorne ist großzügig, und man sitzt hoch und bequem. Den Wahlhebel auf D. Los geht’s.

Schon vor zwei Wochen hatten wir Gelegenheit, den gleichen Antriebsstrang im Hyundai Ioniq auszuprobieren: Ein Benzindirekteinspritzer überträgt seine Kraft über ein 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe auf die Räder. Zwischen Verbrennungsmotor und Übersetzung sitzt eine E-Maschine. Das Ergebnis des hybriden Antriebsstrangs ist eine Systemleistung von 104 kW (141 PS) sowie ein maximales Drehmoment von 265 Nm.

Diesen Daten zum Trotz reißt der Niro keine Bäume aus – beim Vollgassprint wirkt er zäher, als es die 11,5 Sekunden der Werksangabe vermuten lassen, und eine eingetragene Spitzengeschwindigkeit von 162 km/h könnte unter anderem das Ergebnis einer durchschnittlichen Aerodynamik sein (Cw 0,29, Stirnfläche nicht angegeben); der Hyundai Ioniq jedenfalls kommt auf 185 km/h (Cw 0,24). Das Verbrauchsversprechen im Niro: Mit Leichtlaufreifen (16 Zoll) sollen es nach NEFZ 3,8 Liter (entsprechend 88 g CO2 / km)  sein. Wir fuhren die Version mit 18-Zollfelgen; hier steigt der Normwert auf 4,4 Liter (101 g CO / km).

Verbrauchsgünstig, aber nicht rekordverdächtig

Im Duo mit einem Kollegen von der Offenbach Post lag der Realwert über eine Strecke von 66 km bei 5,1 Litern. Ist das viel oder wenig? Wenig, wenn man das Fahrzeugformat und den Kraftstoff Benzin bedenkt. Viel, wenn man vergleicht, wie wenig inzwischen etwa ein Golf TSI 1.0 verbraucht. Und gegen einen Toyota Prius muss sich der Kia bei der Effizienz geschlagen geben. Zwar hatten wir kein direktes Vergleichsfahrzeug – auf der gelassen gefahrenen Tour über lange Ausfallstraßen, das Umland und nur ein kurzes Autobahnstück hätten wir beim japanischen Konkurrenten aber höchstens eine Vier vorm Komma erwartet und eine Drei erhofft.

Für die meisten Kunden dürfte der nicht rekordverdächtige, für sich betrachtet aber niedrige Verbrauch des Kia Niro nicht der entscheidende Kaufgrund werden. Denn der Wagen gefällt einfach, weil er praktisch ist.

Alle Passagiere reisen komfortabel, die Bedienlogik ist simpel und die Verarbeitung hochwertig. Die Lenkung bietet eine direkte Rückmeldung, und selbst mit 18-Zollfelgen ist das Abrollverhalten gut. Man fährt durch die Gegend, der Niro fühlt sich gut an, und leise ist er auch. Für den Absatz in Deutschland ist es sicher ein Vorteil, dass Peter Schreyer der Marke seinen Design-Stempel aufgedrückt hat: Niemand wird durch einen potenziell seltsamen Asienlook abgeschreckt. Alles stimmt.

Hybridauto 1.300 kg Anhängelast

Weiter zur Wirklichkeitstauglichkeit: Der Niro bietet gegen Aufpreis (300 Euro für die Vorbereitung, weitere 690 Euro für die Ausführung) eine abnehmbare Anhängekupplung für bis zu 1.300 kg (gebremst). Einziger Abstrich im Alltag ist der Kofferraum, der mit 373 Litern (für „Vision“ und „Spirit“, Ausstattungsversion „Edition 7“: 427 Liter) zwar okay, aber nicht groß ist.

Die Preisliste beginnt bei 24.990 Euro und damit einen Tausender über dem Hyundai Ioniq mit dem gleichen Antriebsstrang. Die Optionsliste ist grundsätzlich kurz; natürlich ist die Farbe der Wahl möglich (Metalliclack 550 Euro), es gibt je nach Ausstattungslevel ein paar unterschiedliche Assistenz- der Luxuspakete. Das war es. Der von uns bewegte Niro Spirit (in Rot, was wirklich gut aussieht) dürfte rund 34.000 Euro kosten. Viel mehr geht nicht.

Wie immer bei Kia verdienen die Garantieleistungen eine gesonderte Erwähnung: Auf das Auto gibt es sieben Jahre oder bis zu 150.000 km. Auf Durchrostung sind es zwölf Jahre, auf den Lack sieben, und für das Navigationssystem werden ebenfalls sieben Jahre Updates zur Verfügung gestellt.

Die Klasse der SUV-artigen Kompaktautos wächst wie kaum eine andere. Der Kia Niro wird hier punkten. Er wird seinen Weg machen mit genau den Tugenden, die für das Gros der Kunden entscheidend ist: Praxisstärke, Langfristgarantie und Preiswürdigkeit.

Erschienen am 22. Juli bei heise Autos.

Bildquelle: Kia

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