Busfahrplan

Bei Volkswagen hat man Humor. Die Studie I.D. BUZZ sei „kein Retro-Design“, betont Chefdesigner Klaus Bischoff, sondern vielmehr die „logische Weiterentwicklung des mit Sicherheit erfolgreichsten Van-Designs der Welt“. Diese verbale Haarspalterei ist überflüssig, weil jeder die Eigenkopie erkennt. Ob Retro, Old School oder Vintage: Volkswagen nimmt die Form des Hippie-Busses auf und überträgt sie in die Neuzeit. Mit diesem Rezept war man vor 20 Jahren beim New Beetle erfolgreich. In den USA zumindest. Und um die geht es schließlich bei der North American International Autoshow (NAIAS) in Detroit. Volkswagen will mit der Studie I.D. BUZZ, deren Namen wir ab sofort auf BUZZ verkürzen, die US-Kunden und ihr Vertrauen zurückgewinnen. Im Ursprungsland von Dieselgate fährt der BUZZ darum Batterie-elektrisch.

Die technischen Daten: Je eine E-Maschine an Vorder- und Hinterachse mit 150 kW addieren sich zu 275 kW (374 PS) Systemleistung. Genug, um den BUZZ in rund fünf Sekunden auf 100 km/h zu beschleunigen. Die Spitzengeschwindigkeit ist auf 160 km/h (99 mph) begrenzt. Die elektrische Energie für den Vortrieb kommt aus einer Batterie mit 111 kWh Kapazität; und neben dieser Version mit Allradantrieb spricht Volkswagen von einer Basisvariante mit 83 kWh großer Batterie, reinem Heckantrieb und 200 kW Motorleistung. Schöne Grüße von Tesla.

Das Laden funktioniert per CCS mit 150 kW Leistung (Gleichstrom), und auch eine induktive Option (Wechselstrom) ist vorgesehen. Die Reichweite gibt Volkswagen mit 270 Meilen (435 km) im US-Zyklus sowie „über 600 km“ nach der EU-Fantasienorm an.

Die Außenmaße übertreffen die eines aktuellen T6-Busses: 4,94 Meter lang, 1,98 Meter breit, 1,96 Meter hoch. Viel Auto, und mit 3,30 Meter vor allem sehr viel Radstand bei einem dank Hinterachslenkung kleinen Wendekreis von unter elf Metern. Volkswagen dokumentiert so das Raumpotenzial einer rein elektrischen Plattform, und die heißt wie schon beim im September vorgestellten Kompaktauto I.D. Modularer Elektrifizierungsbaukasten (MEB).

Genug der Zahlen. Ja, der BUZZ könnte bei den US-Amerikanern einen Nerv treffen. Aber wird Volkswagen ihn tatsächlich ab 2020 bauen?

Könnte, sollte, müsste.

Anders als beim I.D., wo es ein eindeutiges Bekenntnis zur Produktion gibt, bleibt die Pressestelle beim BUZZ im Unklaren. Es gilt wie üblich, die Feinheiten herauszulesen. Zitat: „Wie facettenreich die Elektromobilität von morgen aussehen könnte, demonstriert Volkswagen in Detroit mit der Studie I.D. BUZZ […]“. Und der Konjunktiv bedeutet, dass man einen Versuchsballon startet, um die Publikumsreaktionen zu testen.

Nicht zum ersten Mal. Kenner werden sich nicht nur an den vor einem Jahr präsentierten BUDD-e erinnern, der in der Formensprache moderner und insgesamt kleiner war. In Wolfsburg hat man immer wieder den Ur-Bulli als Inspiration für Studien bemüht. Gebaut wurde er nie.

Volkswagen, und das ist die gute Nachricht, fragt sich offenbar nicht mehr ob, sondern nur noch in welchem Design ein Batterie-elektrischer Van ab 2020 zum Verkauf steht. Intern steht die Antwort mutmaßlich fest. Wir spekulieren: So etwas wie der BUDD-e kommt für Europa. Und wenn noch Geld übrig ist und die USA als Markt nicht völlig aufgegeben werden, gibt es zusätzlich einen BUZZ.

Weiterhin gibt sich Volkswagen entschlossen, das Batterie-elektrische Auto in Massen zu bauen. Im Jahr 2025 will man eine Million Fahrzeuge herstellen, und damit das gelingt, ist das Startjahr 2020 für den MEB nicht zu früh gewählt. Bis dahin müssen sich die Kaufwilligen in Norwegen, Deutschland und anderswo mit e-Up und e-Golf begnügen, wobei Letzterer zurzeit durch Abwesenheit im Konfigurator auffällt.

Zurück zum BUZZ.

Vier Laserscanner für die Fahrautomatisierung

Neben dem Layout des MEB kommuniziert Volkswagen offensiv die Fahrautomatisierung. Allerdings scheint man sich bei den Begriffen noch nicht einig zu sein – in einem Absatz findet sich sowohl der Terminus vollautomatisiert (nach internationalem Standard also Level 4) als auch „vollautonom“, womit wohl autonom gemeint ist: Level 5, die letzte Stufe der Entwicklung, ist das selbst fahrende Auto. Ab 2025 könnte es so weit sein, und neben Front- und Area-View-Kameras, Radar und Ultraschallsensoren werden vier Laserscanner im Dach zum Einsatz kommen.

Zusammengefasst lässt sich feststellen: Volkswagen wird endlich einen Batterie-elektrischen Bus bauen. Design und Größe sind so variabel, wie es von einem solchen Antriebsstrang erwartet werden kann. Er kommt, ganz sicher.

Die Bulli-Welt wird, davon ist auszugehen, auch in Deutschland revolutioniert werden. Der 100 kWh-Camper löst den TDI ab, Standheizung immer inklusive. Und der Dieselmotor an sich wird als die stinkende Übergangsperiode zwischen dem Wasserboxer und dem E-Surren in die Geschichte eingehen.

Wer Lust dazu hat, sollte sich schon jetzt eine rostarme traditionelle Karosserie des VW Busses sichern. Besonders die alten Modelle ohne Servolenkung, Bremskraftverstärker oder Klimaanlage lassen sich leicht elektrifizieren. Vielleicht wird das der heißeste Trend: Statt den Porsche-Sechszylinder in den Split-Screen-T1 zu quetschen, kommt in Zukunft der Antrieb eines Tesla Model S da rein. Oder der vom BUZZ.

Erschienen am 9. Januar bei heise Autos. Ein weitere Beitrag zum BUZZ lief bei ZEIT ONLINE.

Bildquelle: Volkswagen

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