Fern. Schnell. Lader.

Reale 240 Kilowatt Peakleistung – an der DC-Ladesäule wohlgemerkt, nicht an der Hinterachse: Der Hyundai Ioniq 6 zieht so richtig durch. In 18 Minuten, so die Werksangabe, soll der Ladehub von zehn auf 80 Prozent SOC erledigt sein. Ein Wert, den wir bei der Traktionsbatterie im Testwagen mit 77,4 Kilowattstunden fast erreicht haben. Bei frühlingshaften Nachttemperaturen von höchstens fünf Grad zeigt der Hyundai Ioniq 6: Die Vorkonditionierung funktioniert.

Anders als im Ioniq 5 integriert der Ioniq 6 automatisch (statt händisch) Ladestopps in die Routenführung des Navigationssystems und bringt das System auf die Zieltemperatur. Das ist gut. Was jetzt noch zum Glück fehlt, ist eine SOC-Prognose: Wie lange muss ich halten, und von wo bis wo soll ich laden? Gut dagegen: Interessenten, die häufig auf der Langstrecke unterwegs sind, werden sich über das Angebot in Zusammenarbeit mit Ionity freuen. Für eine monatliche Grundgebühr von 13 Euro kostet die Kilowattstunde 29 Cent.

Erstklassige Aerodynamik, niedriger Stromverbrauch

Und davon verbraucht der Ioniq 6 ziemlich wenig. 18,8 kWh / 100 waren es im Mittel (=412 km Reichweite). Der Minimalwert in der City lag bei 12,1 kWh. Und bei Richtgeschwindigkeit zeigte der Bordcomputer 20,2 kWh an. Das entspricht 383 km auf der Autobahn.

Hypermiler sollten sich den Aufpreis für die 20-Zollfelgen sparen. Unser Testwagen mit Heckantrieb (Leistung des Elektromotors: 168 kW) hatte eine WLTP-Reichweite von 545 km. Mit 18-Zöllern wären es 615 km gewesen. Wir vermuten, dass ein Model 3 im Stromverbrauch noch etwas niedriger gelegen hätte; wir hatten keine Gelegenheit für eine direkte Vergleichsfahrt.

So oder so: Die Kombination aus extrem strömungsgünstiger Limousinenkarosserie (cW-Wert 0,21), großzügigem Energieinhalt der Traktionsbatterie und sehr hoher Ladeleistung machen den Hyundai Ioniq 6 zu einer echten Empfehlung für alle, die reisen wollen. Zwar können aktuelle 400 Volt-Systeme durchaus mithalten; am Ende ist das 800 Volt-System auf Basis der Plattform e-GMP der Hyundai Group nach dem Laden immer etwas schneller wieder auf der Straße.

Mäßiger Kofferraum plus 45 Liter Frunk

Nicht ideal ist, dass der Kofferraum mit 401 Litern nach VDA-Norm leider nur Mittelmaß ist. Wegen des kleinen Ausschnitts der Klappe ist er außerdem nicht gut zugänglich. So ist es halt mit den Limousinen? Stimmt. Aber der Ur-Ioniq hat gezeigt, dass eine Schräghecklimousine mit Heckklappe viele lebenspraktische Vorteile hat. Die Hyundai Group bedient mit der e-GMP so viele Segmente – vielleicht ist hier noch Platz für einen Konkurrenten zu Polestar 2 oder BMW i4. Immerhin ist der Frunk im Ioniq 6 dank Heckantrieb 45 Liter groß; bei der Allradversion hat er nur 15 Liter.

Um das Platzthema abzuschließen: Die Außenlänge von 4,86 Meter zeigt sich vor allem auf den Rücksitzen. Hier ist die Sitzposition angenehmer und der Fußraum größer als im 17 Zentimeter kürzeren Model 3.

Hyundai nimmt – ganz anders als es Toyota bisher beim bZ4X zeigt – die Bedürfnisse der Elektroautofahrer ernst. Es ist wirklich alles vorhanden, was man so haben möchte. Eine SOC-Anzeige in Prozentpunkten, eine Anzeige für die Ladeleistung, die Wahl zwischen automatischer oder händischer Rekuperation per Schaltwippe. Das passt.

Piepende Verkehrszeichenerkennung

Nicht gut ist, dass die Verkehrszeichenerkennung bei jeder Geschwindigkeitsveränderung einmal piept. Damit ist nicht die Überschreitung gemeint, bei der zusätzlich ein mehrfaches Bing ertönt. So gerät die Tour auf der Bundesstraße mit den ständig wechselnden Tempolimits von 100, 70 und 50 km/h zu einer Mischung aus Piep und Bing, weil der Alarm für eine Überschreitung sofort losgeht, wenn man beim Ortsausgangsschild schon auf 52 km/h ist. Abschalten hilft, es muss jedoch vor jedem Start neu gemacht werden.

Wo wir schon bei der Kritik der Software sind: Die Fahrassistenten sind einerseits sehr gut. Aber sie sind nicht mehr an der Spitze. So ist zum Beispiel das automatische Wiederanfahren des ACC nach dem Bremsen bis zum Stillstand inzwischen weit verbreitet. Bei Hyundai muss das Go durch den Fahrer bestätigt werden. Eine Kleinigkeit? Ja. Trotzdem zeigen sich an solchen Details die Unterschiede.

Hohe Verarbeitungsqualität, guter Gesamtkomfort

Es ist offensichtlich, dass man sehr genau hingucken muss, um Schwächen am Hyundai Ioniq 6 zu finden. Das Teil ist einfach richtig gut geworden. Wahrscheinlich wird es einige Menschen geben, die sich mit dem Design nicht anfreunden können. Vermutlich wird der Hyundai genau jene Kunden an sich binden, die einen Kontrapunkt zum Tesla setzen wollen: Der Ioniq 6 ist ein Elektroauto für technikaffine Fahrer, die sich an den kurzen Ladezeiten, der hohen Verarbeitungsqualität und dem im Vergleich zum Model 3 besseren Gesamtkomfort erfreuen.

Der Grundpreis liegt bei 43.900 Euro für die Basisversion mit 53 kWh Energieinhalt in der Traktionsbatterie. Die C-Rate ist identisch zur 77,4 kWh-Variante: In 18 Minuten sind 80 Prozent erreicht. Weil hier ausschließlich 18-Zollfelgen bestellt werden können, ist die Reichweite von 429 km für gelegentliche Autobahnfahrer ausreichend.

Schnäppchenversion ab 30.859,24 Euro netto

Gewerbekunden, die vor dem Stichtag 30. August einen BAFA-Antrag stellen können, kommen in den Genuss des vollen „Umweltbonus“: Es bleiben noch 36.722,50 Euro brutto oder 30.859,24 Euro netto übrig. Ein Schnäppchen, das sogar etwas günstiger ist als das vergleichbare Tesla Model 3.

Beim konkreten Testwagen sieht die Addition wie folgt aus: Auf den Basispreis von 43.900 Euro kommen 5.000 Euro für die große Batterie und 11.300 Euro für das UNIQ-Paket, das wenig Wünsche offenlässt. Die Metallicfarbe kostet 660 Euro, die 20 Zollfelgen 800 Euro, das echte Schiebedach mit Sonnenschutzrollo 690 Euro und die digitalen Außenspiegel 1.300 Euro. Macht zusammen 63.650 Euro brutto oder 53.487,39 Euro netto oder nach Abzug aller Förderungen 47.455,88 Euro netto.

Die digitalen Außenspiegel sind übrigens gar nicht so übel. Sie werden eine Seltenheit bleiben, weil sie nur in Verbindung mit der UNIQ-Ausstattung erhältlich sind. Der Hyundai Ioniq 6 aber wird sich verbreiten.

Erschienen bei ELECTRIVE.net.

Bildquelle: Christoph M. Schwarzer

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