Gute Idee

Käfer, Golf, ID.3: Volkswagen leitet mit der Vorstellung des ID.3 eine Revolution ein. Das batterieelektrische Kompaktauto könnte der Beginn einer völligen Umkehr beim Antrieb sein. Weg vom Verbrennungsmotor. Der ID.3 ist das erste Auto des Konzerns auf Basis des flexiblen Modularen Elektrifizierungsbaukastens MEB. Im Sommer 2020 erfolgt die Auslieferung. Und schon 2021 sollen im Werk Zwickau sechs unterschiedliche MEB-Fahrzeuge verteilt auf drei Marken vom Band laufen. Geplante Stückzahl: 330.000 pro Jahr. Bis 2028 sollen es zusammen mit anderen Fabriken kumuliert 15 Millionen sein. Zur Einordnung die Vergleichszahlen: Tesla hat seit Bestehen insgesamt gut 800.000 Model S, X und 3 produziert. Nissan brachte über 400.000 Leaf auf die Straße – verkauft wird der Wagen bereits seit 2010. Volkswagen will also eine neue Dimension erreichen. Die Aufregung auf der IAA, gleichgültig ob inszeniert oder real, ist groß.

Der Volkswagen ID.3 ist ausschließlich als Viertürer erhältlich und gleicht bei den Außenmaßen einem Golf Sportsvan: 4,26 Meter lang. 1,81 Meter breit. 1,55 Meter hoch. Der Radstand beträgt 2.765 Millimeter, was exakt acht Zentimeter mehr sind als beim Sportsvan. Bei einer Sitzprobe vor drei Wochen konnte heise Autos feststellen, dass die Fahrerposition wegen des Batteriepakets erhöht und in der Folge die Kopffreiheit geringer ist. Das Platzangebot ist alles in allem großzügig. Die Karosserieüberhänge sind kurz, was in Verbindung mit dem Heckantrieb zu einem kleinen Wendekreis führen soll. Gegenüber einem Golf sind die Proportionen also etwas verschoben. Der ID.3 ist Van-artiger gestaltet, ohne ein echter Raumgleiter zu sein.

Bevor es zu weiteren technischen Daten geht, zuerst ein Blick in den Innenraum: Hier grüßt der BMW i3. Zwei Screens, einer vorm Lenkrad, einer in der Mitte, zeigen die relevanten Inhalte von der Geschwindigkeit bis zum Ladestand der Batterie an. Um die Fahrstufe D einzulegen, gibt es eine Bediensatelliten in Griffweite wie beim i3. Insgesamt wirkt das Cockpit reduziert und simpel. Eine Verschiebung der typischen Funktionen – keine Umwälzung. Die Wolfsburger kennen ihre Käufer genau und wissen, was zumutbar ist und was nicht.

Drei Batteriegrößen mit 45, 58 und 77 kWh Nettokapazität

Volkswagen bietet für den ID.3 drei Batteriegrößen mit einer Nettokapazität von 45, 58 und 77 Kilowattstunden (kWh). Die entsprechenden WLTP-Reichweiten liegen bei 330, 420 und 550 Kilometern (km). An dieser Stelle sei nochmals erwähnt, dass die Reichweite nicht der Quotient von Kapazität und Stromverbrauch ist, sondern in einem gesonderten Verfahren ermittelt wird. Und zum Verbrauch gibt es bisher keine Angaben.

E-Motorleistung und weitere Zahlen sind vorerst nur für den ID.3 1st, die Sonderserie mit 30.000 Exemplaren, erhältlich. Der 1st hat das mittlere Batteriepaket mit 58 kWh. Maximal 150 kW sowie ein Drehmoment von 310 Newtonmetern wirken auf die Hinterräder. Die Höchstgeschwindigkeit ist auf 160 km/h limitiert.

Der ID.3 1st ist ab 40.000 Euro zu haben. Von diesem Preis kann noch der so genannte Umweltbonus von 4.000 Euro abgezogen werden. Alle 1st haben serienmäßig ein Navigationssystem, DAB-Radio, Lenkrad- und Sitzheizung, vordere Armlehnen sowie 18-Zoll-Felgen. Der ID.3 1st „Plus“ hat außerdem einen adaptiven Tempomaten (ACC), eine Rückfahrkamera, LED-Matrixscheinwerfer und 19-Zoll-Felgen. Beim 1st „Max“ kommen unter anderem ein Panorama-Dach und 20-Zoll-Felgen dazu.

Basismodell ab circa 26.000 Euro, wenn der Umweltbonus einberechnet wird

Was aber bietet das Basismodell? Zuerst tatsächlich einen Preis von knapp 30.000 Euro – auch hier verrät Volkswagen noch nichts Genaues –, von dem wiederum 4.000 Euro abgezogen werden können. Rund 26.000 Euro sind eine echte Ansage. 45 kWh Batteriekapazität gelten in diesem Segment inzwischen zwar nicht mehr als besonders viel, sollten jedoch für mindestens reale 200 Autobahnkilometer und über 300 Kilometer auf Bundes- und Landstraßen ausreichen. Die Ladeleistung des flüssigkeitsgekühlten elektrochemischen Speichers liegt bei 100 kW (DC-seitig, größere Batterien bis 125 kW). AC-seitig ist ein dreiphasiges Ladegerät mit elf kW verbaut. Es könnte leider sein, dass ähnlich wie beim Opel Corsa-E in der Grundversion nur 7,4 kW möglich sind – abwarten. Über die für Elektroautofahrer wichtigen Details wie zum Beispiel eine Wärmepumpe wurden ebenfalls noch keine verbindlichen Aussagen gemacht. Sicher dagegen ist: Volkswagen gibt auf die Batterie acht Jahre oder 160.000 km Garantie.

Während der Präsentation auf der IAA und auf diversen Workshops davor legt Volkswagen größten Wert darauf, dass der ID.3 bilanziell ohne CO2-Rucksack zum Kunden kommen soll. Wenn dieser im Betrieb mit Strom aus erneuerbaren Energien fährt, wäre der ID.3 im Lebenszyklus CO2-neutral. Dass Begriffe wie „bilanziell“ genau unter die Lupe genommen werden müssen, ist offensichtlich. Es ist fraglos möglich, entlang der Wertschöpfungskette immer mehr Strom aus Wind- und Sonnenkraft einzusetzen. Zu behaupten, das wäre jetzt oder in sehr naher Zukunft bereits komplett so, ist nur eingeschränkt glaubwürdig.

Trotzdem: Der Volkswagen ID.3 kann nicht kleingeredet werden. Er ist konsequent auf den batterieelektrischen Antrieb ausgerichtet, er ist der Beginn einer neuen Ära und er könnte die Konkurrenz auch dort schlagen, wo Volkswagen eigentlich eine Schwäche hat: Beim Preis. Bis zum Serienstart sollte das Unternehmen allerdings noch an der Haptik im Innenraum arbeiten. Günstiger Preis und billige Optik – das würden die Kunden nicht akzeptieren.

Erschienen bei heise Autos.

Bildquelle: Volkswagen

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