Porsche, elektrisch

„Das letzte Auto, das gebaut wird, wird ein Sportwagen sein.“ So hat es Ferry Porsche gesagt. Der Sohn des Firmengründers war davon überzeugt, dass die Fahrfreude elementar für den Erfolg der Marke ist. Wann seine Prognose eintritt, ist unklar. Sicher dagegen ist, dass Porsche und die Kunden des Herstellers sich stückweise vom Dieselmotor abwenden. Zu wenig Dynamik. Zu viel Schmutz. Imageschädigend. Bis zum Ende der Dekade wolle man eine Entscheidung zum Selbstzünder treffen, lässt Vorstandsvorsitzender Oliver Blume verlauten. Viele Indizien sprechen dafür, dass Porsche den unbeliebten Antrieb gerne sofort ins automobile Nirvana schicken würde – um stattdessen mit kraftvollen E-Motoren in die Zukunft zu fahren.

Beim Sportwagenhersteller aus Stuttgart-Zuffenhausen ist die Abkehr vom Diesel komplizierter als bei Toyota oder Volvo: Die Japaner punkten mit ihrem kostengünstigen Hybridsystem. Millionenfach verkauft, CO2-arm und ohne Stickoxidproblem. Toyota braucht den Dieselmotor nicht für die Erfüllung der Flottengrenzwerte und hat die Neuentwicklung für den Einsatz im Pkw darum längst eingestellt. Um den Erwartungen der europäischen Käufer gerecht zu werden, kauft Toyota die Maschinen bis zum endgültigen Aus bei BMW ein. Und Volvo hat öffentlichkeitswirksam die konsequente Elektrifizierung aller Baureihen angekündigt. Auch, weil man über Geely, den Eigentümer des schwedischen Traditionsunternehmens, eng mit China verbunden ist. Jenem Land, in dem wie nirgendwo anders Batteriefabriken aufgebaut werden.

Dieselmotor mit illegaler Software von Audi

Verbundenheit ist gewissermaßen das Problem von Porsche: Audi hat den Sechszylinder-Dieselmotor an Porsche weitergegeben, dessen illegale Abschalteinrichtung in den USA kleinlaut eingeräumt wurde. Und in Deutschland wurde aus dem gleichen Grund am Donnerstag eine Rückrufaktion für den Cayenne mit eben diesem Motor eingeleitet. Bundesminister Dobrindt hat bis zum Softwareupdate ein Zulassungsverbot für den Autotyp verfügt – eine wahlkampfgerechte Scheinaktivität, denn der Cayenne wird ohnehin in Kürze abgelöst. Uwe Hück, Betriebsratschef beim Sportwagenhersteller, hat unterdessen jede emotionale Zurückhaltung fallen gelassen: Er fühle sich von Audi betrogen, überhaupt, er könne „diese ganzen Lügen nicht mehr ertragen.“

Im Motorsport folgt Porsche allerdings gerne den Audianern: Am Freitag gab das Unternehmen bekannt, dass es zur Saison 2019 / 2020 in die rein elektrische Formel E einsteigen wird. Das Team Abt Schaeffler Audi Sport liegt dort hinter Renault e.dams auf dem zweiten Platz. Für Porsche bedeutet das Engagement in der Formel E zugleich die Aufgabe des traditionellen und teuren 24 Stunden-Rennens in Le Mans, wo man mit dem Hybridrenner 919 in diesem Jahr wieder siegreich war.

Die Kunden von Porsche jedenfalls entscheiden sich zunehmend gegen den Diesel. Ein Beispiel dafür ist das SUV Macan. Innerhalb der Baureihe sinkt der Anteil an den Zulassungen signifikant von Jahr zu Jahr (Bezugsmonat Juni, alle Zahlen laut Kraftfahrtbundesamt): Von 77 Prozent (2014) über 68, 49 bis auf 31 Prozent (2017).

Plug-In-Hybrid auf dem Vormarsch

Bemerkenswert ist außerdem, dass im Juni 46 Prozent aller neuen Porsche Panamera einen Plug-In-Hybridantrieb hatten. Es ist, als hätten die Kunden endlich eine Alternative zum Dieselmotor gefunden, mit dem sich echte Porschefans ohnehin nie anfreunden konnten – es mangelt an Drehfreude, und der Lauf ist zu unkultiviert. ZEIT ONLINE fuhr den Panamera 4 E-Hybrid: Es ist offensichtlich, dass die Kombination aus geräuschlosem Gleiten mit dem Strom aus der Batterie (ca. 40 km Reichweite) und einem starken Benzinmotor (Systemleistung 340 kW / 462 PS) hervorragend zum Grundcharakter der Sportlimousine passt. Dass der reale Verbrauch ohne Berücksichtigung des Strombeitrags mit sieben Litern auf Überlandstraßen bis zwölf Litern auf der Autobahn weit über dem Nennwert (2,5 Liter) der gesetzlichen Fantasieformel liegt, ist bekannt.

Dazu kommt, dass selbst in diesen Preisbereichen Geld eine Rolle spielt. Der Panamera 4 E-Hybrid ist mit einem Einstiegskurs von 109.219 Euro günstiger als der Panamera 4 S Diesel mit 118.977 Euro. So macht man Modellpolitik.

Der Plug-In-Hybrid ist ein gelungener Übergang für die Wartezeit zum Batterie-elektrischen Porsche. Wie ernst es die Marke mit der Vollelektrifizierung meint, zeigt eine im Juli aufgestellte Ladesäule auf dem Gelände der Niederlassung in Berlin-Adlershof: Die Ladeleistung beträgt 350 Kilowatt (kW). Ein extrem hoher Wert, der erklärt sein will.

Porsche baut schnellste Ladesäule der Welt

Ein wichtiger Faktor für die Praxistauglichkeit Batterie-elektrischer Autos ist die Ladegeschwindigkeit. Wenn eine Säule zum Beispiel 50 kW Leistung anbietet und das Fahrzeug diese Höhe verträgt, sind in einer Stunde rechnerisch 50 Kilowattstunden (kW) im elektrochemischen Speicher. Genug für 200 Kilometer auf der Autobahn oder 300 abseits davon. An Teslas Superchargern liegt die Leistung schon bei 120 kW.

Und jetzt erhöht Porsche auf 350 kW. Mit einer von der Porsche Engineering Group selbst entwickelten Ladesäule, mit wassergekühlten Kabeln und Steckern. In zwölf Minuten wären also 70 kWh in der Batterie – wären: Der Konjunktiv ist aber so lange notwendig, bis es ein passendes Fahrzeug gibt, dass dieses Angebot auch aufnimmt.

Das folgt 2019 in Gestalt des Mission E. Porsche hat eine Studie des Viertürers 2015 auf der IAA erstmals gezeigt. Es ist anzunehmen, dass auf der Frankfurter Messe im September eine aktuelle Interpretation des Themas stehen wird. Zweifellos: Hier wird gehandelt, nicht geredet. Nicht nur mit Blick auf Tesla. Porsche wird den Dieselmotor fortgesetzt marginalisieren und damit innerhalb des Volkswagen-Konzerns eine Vorreiterrolle einnehmen. Vorsprung durch Technik kommt dann aus Stuttgart-Zuffenhausen, nicht aus Ingolstadt.

Die Kunden werden das Angebot sehr wahrscheinlich annehmen. In Deutschland bestimmt, und sicher auch in den USA: Dort hat Tesla mit dem Model S viele Käufer für sich gewonnen – auf Kosten der Premiumanbieter von BMW, Mercedes und Porsche. Es ist Zeit, einige davon zurückzuholen.

Erschienen am 29. Juli bei ZEIT ONLINE.

Bildquelle: Christoph M. Schwarzer

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