Anders CO2 reduzieren

Toyota ist mit fast zehn Millionen verkauften Pkw im Jahr 2019 einer der größten Autohersteller der Welt. Nur der Volkswagen-Konzern hat noch etwas mehr neue Fahrzeuge abgesetzt. Alain Uyttenhoven, Präsident von Toyota Deutschland, erklärt warum die Japaner vorerst keine Elektroautos brauchen, um die strengen CO2-Flottengrenzwerte der Europäischen Union zu erfüllen.

ZEIT ONLINE: Herr Uyttenhoven, wie stark trifft die Corona-Krise Toyota?

Alain Uyttenhoven: Das können wir noch nicht sagen. Es ist unklar, wie sich die Corona-Krise auf unser Verkaufsgeschäft und die Logistikketten auswirken wird. Angesichts der Beschleunigung der aktuellen Coronavirus-Pandemie in Europa und ihrer sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen hat Toyota Motor Europe entschieden, die Produktion in den meisten europäischen Werken zu unterbrechen.

Der Corolla ist das meistverkaufte Auto der Welt, und der RAV4 folgt auf Platz 3. Trotzdem kommen Sie in Deutschland nur auf einen Marktanteil von 2,3 Prozent. Ist Toyota zu langweilig?

Langweilig? Das bestreite ich. Wir haben beim Design große Fortschritte gemacht, wir haben den Sportwagen Supra im Programm und bringen zum Jahresende den von der Rallye inspirierten Yaris Gazoo Racing. Unsere deutschen Kunden assoziieren Toyota vor allem mit dem sparsamen Hybridantrieb. Die Konkurrenz durch die lokalen Hersteller ist groß. Toyota ist als Weltmarktführer vor allem in den USA und Asien sehr stark, aber auch in Deutschland wachsen die Verkaufszahlen seit vier Jahren. Wir sind zuversichtlich, hier wieder mehr als 100.000 Autos pro Jahr auf die Straße bringen zu können.

Die CO2-Flottengrenzwerte der Europäischen Union geben vor, dass neu zugelassenen Autos im Schnitt maximal 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ausstoßen dürfen. Versagen die Hersteller, drohen hohe Geldstrafen. Wie wollen Sie dieses Limit ohne Elektroautos einhalten?

Mit unseren Hybridautos. Sie verbrauchen wenig Superbenzin und sind sehr effizient, benötigen aber keinen Ladestecker. Die Nachfrage danach ist so hoch, dass es eine gewisse Knappheit gibt und wir neue Fabriken für die Pufferbatterien errichten müssen. Zum Beispiel in China, wo 2021 die Produktion beginnt. Über alle Baureihen haben wir in Deutschland einen Anteil von knapp 60 Prozent mit Hybridantrieb. Und dass, obwohl einige Modelle wie der Kleinwagen Aygo diese Option gar nicht bieten. Je größer und teurer das Fahrzeug, desto höher der Hybridanteil: Beim Yaris sind es knapp 50 Prozent, beim Corolla über 80 Prozent und bei Lexus etwa 90 Prozent.

Und was hat das Klima konkret davon?

Alle diese Autos unterbieten die strengen Vorgaben der Europäischen Union deutlich. Das Durchschnittsgewicht der Toyotas liegt leicht unter dem Mittelwert, darum ist das Limit noch etwas niedriger. Dennoch gehen wir davon aus, dass wir das 95 Gramm-Ziel sogar unterbieten und im Rahmen des sogenannten Poolings die Bilanz von einem Kooperationspartner verbessern können.

Volkswagen will sich künftig auf batterieelektrische Fahrzeuge konzentrieren und hat hohe Investitionen angekündigt. Warum verzichten Sie?

Zuerst ist es wichtig, dass wir die CO2-Emissionen aller Fahrzeuge reduzieren, und dieses Ziel erreichen wir mit dem Hybridantrieb. Batterieelektrische Autos fließen zwar mit null Gramm in die Flottenbilanz ein, aber das ist nicht die ganze Wahrheit: Bei der Produktion und im Strommix für die Fahrenergie werden CO2-Emissionen frei. Wir glauben bei Toyota, dass es vernünftiger ist, die Grenze mit jedem Auto einzuhalten, statt mit ein paar Jokern das Ergebnis geschickt auszubalancieren.

Außerdem wollen wir erschwingliche Autos anbieten. Die Hybridversion des Toyota Yaris kostet ab 17.000 Euro. Ähnlich große Elektroautos liegen ohne Staatsförderung bei rund 30.000 Euro. Toyota ist sich trotzdem bewusst, dass Länder wie China oder Norwegen Elektroautos gesetzlich vorschreiben. Regionale Politik hat einen großen Einfluss.

Wie will Toyota konkurrenzfähig bleiben, wenn alle Wettbewerber Batterie-elektrische Autos bauen?

Für das Jahr 2025 planen wir mit 5,5 Millionen elektrifizierten Pkws, das ist mehr als die Hälfte. Etwa eine Million davon wird batterieelektrisch unterwegs sein. Das erste Modell in Deutschland ist der Lexus UX 300e. Wir haben den Vorteil, dass wir vier Technologien gleichzeitig weiterentwickeln: Den bewährten Hybridantrieb, den Plug-in-Hybrid, der Pendelstrecken rein elektrisch fahren kann, bevor der Verbrennungsmotor anspringt, das batterieelektrische und das Brennstoffzellen-elektrische Auto.

Wie ist der Toyota-Plan für die Brennstoffzelle?

Vom Mirai der ersten Generation haben wir 3.000 Stück pro Jahr gebaut. Kernelement eines Brennstoffzellen-elektrischen Antriebs ist der Stack. Davon werden nach dem Olympischen Spielen in Tokio 30.000 produziert, die im Mirai II und in Bussen zum Einsatz kommen werden. Für den Mirai II, der zum Jahresende in Deutschland startet, gibt es noch keinen Preis, aber grundsätzlich strebt Toyota an, eine neue Technologie mit jeder Generation erschwinglicher zu machen. Wir sind überrascht von der hohen Nachfrage nach Brennstoffzellen-Bussen.

Für was entscheidet sich Toyota denn nun, für die Batterie oder die Brennstoffzelle?

Wir halten eine binäre entweder-oder-Betrachtung für falsch. Toyota sagt nicht, dass eine Technologie die einzige Lösung ist. So werden preisgünstige Autos um die 10.000 Euro weiterhin einen Verbrennungsmotor haben. Gleichzeitig haben wir gezeigt, dass ein japanisches Kei Car [Anmerkung der Redaktion: Sonderklasse von besonderes kleinen und steuerbegünstigten Autos] für zwei Personen und mit einer Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h batterieelektrisch fahren kann.

Am anderen Ende des Spektrums könnten wir dazu gezwungen sein, Autos mit sehr großen Batterien anzubieten. Aber es bleibt dabei: Toyota hält Autos mit einer 800 Kilogramm schweren Batterie nicht für sinnvoll. Für Menschen, die viele Kilometer fahren, wird das Wasserstoff-betriebene Brennstoffzellenauto die bessere Lösung sein.

Weg von der Zukunftsvision, zurück zur Lebenswirklichkeit: Im Spätsommer erscheint die vierte Generation des Yaris, der mit VW Polo und Opel Corsa konkurriert. Was erhoffen Sie sich von diesem Modell?

Der Yaris ist der meistverkaufte Toyota in Deutschland. Wegen der Modellumstellung auf eine komplett neue Plattform wird es in diesem Jahr eine Delle geben. Vielleicht wird der Yaris Hybrid ein wenig teurer werden, aber wir rechnen mit einer deutlichen Steigerung des Hybrid-Anteils auf etwa 70 statt bisher gut 50 Prozent.

Und die CO2-Emissionen?

Werden wir nochmal gegenüber dem aktuellen Modell um circa 20 Prozent senken können und liegen damit unter 70 Gramm pro Kilometer.

Erschienen bei ZEIT ONLINE.

Bildquelle: Toyota

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Verwandte Beiträge

Beginne damit, deinen Suchbegriff oben einzugeben und drücke Enter für die Suche. Drücke ESC, um abzubrechen.

Zurück nach oben

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen