Smooth Operator

Klischees sind etwas Wunderbares: Ein Citroen ist ein französisches Automobil, das skurril sein darf und komfortabel sein muss. Im Gegenzug verzeiht der Kunde kleine Unannehmlichkeiten wie eine verworrene Bedienung oder klappernde Verkleidungen. In einem wesentlichen Punkt erfüllt der Citroen e-C4 das Klischee: Er ist ausnehmend komfortabel. Die Preise beginnen bei 34.640 Euro vor Förderungen, es bleiben also nach deren Abzug mindestens 25.070 Euro.

Hauptursache des geschmeidigen Gleitens ist der Batterie-elektrische Antrieb. Der Citroen e-C4 basiert auf der Plattform e-CMP des ehemaligen PSA-Konzerns, der nun mit Fiat-Chrysler zu Stellantis fusioniert ist. Die technischen Rahmendaten: 100 Kilowatt (kW) Motorleistung, 50 Kilowattstunden (kWh) Bruttokapazität, Wärmepumpe serienmäßig. Dazu kommen bis zu 100 kW Ladeleistung mit Gleichstrom (DC). Der Citroen e-C4 verfügt darüber hinaus in allen Ausstattungsvarianten über ein dreiphasiges Wechselstrom-Ladegerät (AC) mit elf kW für die heimische Wallbox.

Der Vortrieb ist also in Abgrenzung zu den Varianten des C4 mit Otto- oder Dieselmaschine vibrationsfrei. Theoretisch gehört der e-C4 zu den schnellsten Möglichkeiten, dieses Modell zu beschleunigen. Praktisch hat er mit Traktionsproblemen zu kämpfen, die per Software im Fahrmodus „Normal“ eingedämmt werden. In „Sport“ hängt der e-C4 zwar munter am Strompedal, neigt aber zum Durchdrehen.

Feinfühliges Abrollen

Nein, ein Sportwagen will der Citroen e-C4 nicht sein, obwohl die präzise Lenkung – hier folgt er nicht der üblen Tradition gefühlloser Volants – schnelle und saubere Richtungswechsel erlaubt. Lieber Laufenlassen. In der Topversion Shine (ab 37.340 Euro vor Subventionen), in der auch der Testwagen kam, sind 18-Zollfelgen montiert. Zum Vergleich: Diesen Durchmesser haben im Volkswagen ID.3 die Basisfelgen. Solche Formate haben den Vorteil einer nicht allzu flachen Flanke, oder anders gesagt: Der Citroen e-C4 rollt feinfühlig ab. Kein Gerumpel, kein Stolpern, einfach nur Federn.

Dass die Geräuschdämmung ebenfalls wirksam ist – nur das geöffnete Schiebedach fängt ab 80 km/h an leise zu Singen –, rundet das Bild des Komfortmobils ab. Sogar die Sitze sind weich, ohne es aber mit der verschlingenden Sofaqualität vergangener Citroen-Epochen zu übertreiben. Man cruist dahin und lauscht auf Wunsch dem sauberen Klang des Radios. Angenehm. Die Ruhe wird auch nicht durch Karosseriegeräusche gestört, denn der Citroen ist verwindungssteif, sauber verarbeitet und knarzt nicht.

Die Qualitäten und Schwächen der Plattform e-CMP haben sich herumgesprochen und treffen auch auf den Citroen e-C4 zu. So ist das Raumangebot gut, obwohl die Verbrennungsmotoren im C4 eigentlich Platz fressen müssten. Auch das Kofferraumvolumen von 380 Litern ähnelt dem Volkswagen ID.3. Weniger vorteilhaft ist der Wendekreis als Folge des Frontantriebs.

20,6 kWh / 100 inklusive Ladeverlusten

Der Energieinhalt der Batterie beträgt netto rund 45 kWh. Eine Werksangabe gibt es nicht. Der Citroen e-C4 bewegt sich hier also auf dem Niveau der Einstiegsversion des Volkswagen ID.3. Der Stromverbrauch laut Bordcomputer lag bei widrigem und windigen norddeutschen Wetter bei 19,3 kWh / 100 km. Daraus resultiert eine durchschnittliche Reichweite von 233 km (Werkangabe: „bis zu“ 352 km). Inklusive Ladeverlusten betrug der Stromkonsum 20,6 kWh (Prospektwert: 16,2 kWh / 100 km).

Wie immer bei Batterie-elektrischen Autos unterscheiden sich die Verbrauchswerte diesseits und jenseits der Autobahn stark. Nichts frisst so viel Energie wie der Luftwiderstand bei hohen Geschwindigkeiten. So war der Citroen in der Stadt auch auf nasser Fahrbahn mit 14,1 kWh / 100 km zu bewegen, und auf der Bundesstraße waren es gut 16 kWh / 100 km.

Bei 130 km/h und Rückenwind mit Stärke 4 zeigte der Bordcomputer 21,6 kWh an. Es wären also gut 200 km möglich. Aber Vorsicht, schon bei Seitenwind und auf 120 km/h reduziertem Tempo stieg der Stromverbrauch auf 24 kWh / 100 km an. Dem Citroen e-C4 fehlt offensichtlich der aerodynamische Feinschliff. Die 1,52 Meter hohe Karosserie erleichtert zwar den Einstieg. Dennoch wirkt der optisch hochgelegte Citroen hier zu sehr als zeitgeistiges SUV-Coupe; weniger wäre für den Luftwiderstand besser gewesen. Die lange Reise ist mühselig, aber machbar. Auch, weil bei den aktuellen Außentemperaturen die Ladekurve reproduzierbar war: In der Spitze sind kurzfristig knapp 100 kW Leistung vom Display der DC-Säulen ablesbar, und die anschließende Reduktion über 75 auf 50 kW ist im Klassenvergleich gut.

Kommen wir zu den Kritikpunkten. Der Innenraum ist aus Sicht des Autors dieses Beitrags nicht wohnlich genug, und die Materialauswahl liegt lediglich auf dem Level des in dieser Hinsicht dürftigen Volkswagen ID.3. Hier darf mehr Wärme von der Marke Citroen erwartet werden.

Software-Schwächen

Etliche Schwächen zeigte auch die Software im Citroen e-C4. In Auszügen: Die Reichweitenanzeige ist unbrauchbar. Der Ladestand der Batterie wird nicht in Prozentpunkten angezeigt, die Ladeleistung wird gar nicht wiedergegeben, und die Menuführung im Zentraldisplay ist überflüssig kompliziert. Dazu kommen gewisse Lieblosigkeiten der Plattform e-CMP: So wird zum Beispiel das Wort „Straße“ mit spitzem „s-t“ ausgesprochen, und bei der an sich funktionsfähigen Sprachsteuerung des Navigationssystems muss zuerst die Zielstraße mit der Hausnummer und dann die Stadt angesagt werden. Außerdem stürzte das System mehrfach ab, und die Verbindung zum Satelliten riss auch hin und wieder.

Vielleicht behebt Stellantis diese Abstriche mit der Überarbeitung, die wahrscheinlich zum Modelljahr 2023 erfolgt. Dann, so wurde es bereits angekündigt, wird auch die Batteriekapazität wachsen. Für die Ansprüche von gelegentlichen Fernstrecken ist sie im Wettbewerbsvergleich heute zu knapp bemessen.

In der Werbung stellt Citroen den e-C4 neben einen klassischen GS. Die „Grande Série“ hatte eine hydropneumatische Federung und einen entsprechend hervorragenden Komfort. Der ist auch das Hauptmerkmal des Batterie-elektrischen e-C4. Leise fahren bei bestem Abrollkomfort, so soll es sein. Und es ist gut, dass der Citroen der Jetztzeit die große Heckklappe hat, die der GS erst mit der Überarbeitung zum GSA erhielt. Der e-C4 könnte allerdings mit mehr Liebe eingerichtet sein. Und vielleicht findet die Marke wieder den Mut für ein Stück der Verrücktheit von früher. Nüchternheit gibt es in der Autowelt genug.

Erschienen bei heise Autos.

Bildquelle: Christoph M. Schwarzer

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