Nutzfahrzeuge sind Arbeitsgeräte. Werkzeuge, die einen Zweck erfüllen oder universell einsetzbar sind. Auf der IAA in Hannover zeigt Volkswagen jetzt Alternativen zum Dieselmotor. Und die sind in unterschiedlichsten Formen vom Batterie- bis zum Brennstoffzellenantrieb elektrisch.
Fürs Herz der Bullifans am leichtesten verständlich ist der I.D. BUZZ Cargo. Er basiert technisch auf dem Modularen Elektrifizierungskasten (MEB) und erinnert optisch stark an den Ur-Bus T1. Serienstart: 2022. Die Batterie soll, je nach Einsatz- und Kostenrahmen des Käufers, für Reichweiten von 330 bis 550 Kilometer (km) nach WLTP reichen. Vier Jahre Wartezeit? Das ist lang, und dennoch ist davon auszugehen, dass der I.D. BUZZ Cargo keine Studie ist, die in der Versenkung verschwindet.
Abt fertigt e-Caddy und e-T6
Deutlich näher an der Wirklichkeit sind Batterie-elektrische Versionen von Caddy und T6, die ab Frühjahr bestellt werden können. Die Basisfahrzeuge teilen das gleiche Schicksal: Sie stehen mittelfristig vor der Ablösung. Das ist mutmaßlich der Grund dafür, dass nicht Volkswagen selbst, sondern Abt den e-Caddy und den e-Transporter baut. Es handelt sich dabei um klassische Conversion-Vehicles, also um Umbauten der Verbrennungsmotorautos. Die Batteriekapazität im T6 mit langem Radstand liegt bei 37,3 oder optional 74,6 Kilowattstunden (kWh), was für 208 bzw. 400 km reichen soll; der Kunde kann in Abhängigkeit des Nutzungsprofils und des Geldbeutels wählen. Im e-Caddy ist nur die kleinere Batterie verfügbar: Der Aktionsradius beträgt 220 km, und die Höchstgeschwindigkeit ist auf 120 km/h begrenzt.
Bereits käuflich sind der Volkswagen e-Up in der Cargovariante sowie der gut 80.000 Euro teure e-Crafter. Dieser ist im Wesentlichen mit den Komponenten des e-Golfs versehen, was in der Praxis zu einer Reichweite von rund 130 km führt. Genug für den Auslieferungsfahrer, zu wenig für die große Strecke.
Lange Strecke: Brennstoffzelle
Volkswagen präsentiert darum den e-Crafter Hymotion mit Brennstoffzellen-elektrischem Antrieb. Unter der Haube, also bei der Leistungselektronik sowie dem Elektromotor, gleich er dem normalen e-Crafter aus der Serie. Dahinter sieht es anders aus: Für die Studie Hymotion haben die Ingenieure die Batterie aus dem Passat GTE eingebaut. Sie arbeitet als Pufferspeicher, hat eine hohe Leistungsdichte und einen Energiegehalt von 13,1 kWh. Eine externe Aufladung ist möglich, aber im Prototyp nicht vorgesehen. Eine 30 kW starke Brennstoffzelle erzeugt Strom durch die kontrollierte Reaktion von Luftsauerstoff und Wasserstoff. Der Tankinhalt beträgt 7,5 Kilogramm (kg), was bei einem Verbrauch von 1,4 kg / 100 km für über 500 km reicht.
Im Gespräch verdeutlichen die Entwicklungsingenieure zwei Aspekte: Zum einen, dass sich das Größenverhältnis von Batterie und Brennstoffzelle in Abhängigkeit der jeweiligen Kosten sowie der Kundenwünsche verschieben lässt. Und zum anderen, dass man von der Idee abgekommen ist, die Elektrifizierung für alle Anwendungsfälle ausschließlich über Batterien abdecken zu können.
Dass im Hier und Jetzt der Dieselmotor dominiert, ist trotzdem offensichtlich. Für die als Pkw („M1“) zugelassenen Volkswagen Nutzfahrzeuge wie zum Beispiel den Multivan ist die Zertifizierung nach WLTP inzwischen erreicht. Achtung, Abgasnorm: Für die Transporter („N1“) greifen die gesetzlichen Vorgaben Euro 6c und Euro 6d-TEMP grundsätzlich ein Jahr später.
Lastenrad Cargo e-Bike ab 2019
Als kleinen Freudenspender bringt die Marke 2019 noch ein Pedelec, das Cargo e-Bike. Das Lastenrad mit zwei Rädern vorne und einem hinten hat die üblichen 250 Watt Unterstützungsleistung sowie eine Batteriekapazität von 500 Wh. Eine Besonderheit ist, dass die Ladefläche zwischen den Vorderrädern immer waagerecht bleibt, obwohl das Rad selbst sich in die Kurve neigt.
Das Cargo e-Bike kann inklusive Fahrer bis zu 210 kg zuladen und wiegt rund 40 kg. Die Länge beträgt 2,06 Meter und die Spurweite knapp 90 Zentimeter, damit Türen durchfahren werden können. Das Ladevolumen soll einen halben Kubikmeter betragen. Unvermutet wird das Cargo e-Bike sogar im Werk Hannover produziert und nicht von einer Fahrradmanufaktur zugeliefert: Man hat 240 Quadratmeter freigemacht und sagt, dass der SOP („Start of Production“) unmittelbar bevorsteht. Wenn der Winter vorbei ist, kann also aufgesattelt werden.
Erschienen am 20. September bei heise Autos.