Wenn das Elektroauto ein Produkt für alle werden soll, müssen die Kosten für die Batterie sinken. Das ist das Ziel, das Elon Musk auf dem Tesla Battery Day formuliert. Die Perspektive: Ein Elektroauto mit einem Preis von umgerechnet rund 21.500 Euro. Addiert man die Mehrwertsteuer, ergeben sich etwa 25.000 Euro. Ein Datum für die Vorstellung dieses Volks-Elektroautos nennt Musk nicht. Wichtiger ist für Tesla ein Bündel von Maßnahmen, das die Herstellung der Batteriezellen in naher Zukunft günstiger macht.
Besonders plakativ ist die Präsentation einer neuen Rundzelle im 4680er Format, also 46 Millimeter im Durchmesser und 80 Millimeter in der Höhe. Sie hat ungefähr das fünffache Volumen der bisherigen Zellen. Auf das Batteriesystem bezogen sind logischerweise deutlich weniger Einzelzellen notwendig, also etwa 800 Stück. Tesla reklamiert insgesamt ein Plus von 16 Prozent in der Reichweite – wahrscheinlich vor allem wegen eines besseren Packagings – bei zugleich 14 Prozent geringeren Kosten.
Drei Jahre bis zur Umsetzung
Alle Ankündigungen auf dem Tesla Battery Day sollen in ein- bis eineinhalb Jahren teilweise und in drei Jahren vollständig umgesetzt sein. Elon Musk beschreibt also vorwiegend Potenziale. Neben der neuen 4680er Rundzelle soll der Automatisierungsgrad kommender Fertigungsstraßen erheblich ansteigen: Aus der Gigafactory soll eine Terafactory werden. Tesla setzt zunehmend auf eigene Zellen, wird aber (das hatte Musk schon vor dem Event getwittert) weiterhin von Panasonic – dem Partner der aktuellen Fabrik – LG Chem, CATL in China und „möglichen anderen Partnern“ zukaufen. Für 2022 prognostiziert Musk wegen des Cybertrucks und des Semi Trucks eine Zellknappheit, die nur durch eigenes Handeln überwunden werden kann („unless we take action ourselves“).
An der Zellchemie ändert sich vorerst wenig. Wie gehabt soll der Anteil von Kobalt weiter zurückgedrängt und der von Nickel weiter gesteigert werden. Anodenseitig soll Graphit durch Silikon ersetzt werden. Auf welcher Zeitachse und in welcher Zusammensetzung genau, lässt Musk offen. Zusätzlich spricht er von der möglichen Trockenbeschichtung der Folien den Batteriezelle – ein Fortschritt, der erhebliche Mengen Energie einsparen, den CO2-Abdruck bei der Produktion minimieren und folglich wieder die Kosten senken würde. Eine interessante Option bei der Förderung von Lithium kommt hinzu: Das Alkalimetall könnte direkt aus Nevada kommen und so ein Drittel billiger sein.
Die Batterie als Teil der Karosseriestruktur
Weltweit arbeiten Batterieforscher an besseren Zellen und optimierten Systemen. Musk nimmt auf dem Tesla Battery Day eine Idee auf, die vielfach diskutiert, aber bisher in keinem Serienauto konsequent umgesetzt wurde: Die Batterie als tragendes Teil der Karosserie. Heutige Elektroautos leiden an einem Missverhältnis von aktivem Material zu Verpackung der Batterie. Viel Drumherum, wenig drin. Musk zeigt zum Verständnis einen typischen Flugzeugflügel, der zugleich Kerosintank ist. Der Vorteil beim Batterie-elektrischen Auto: Wenn sich der Energiespeicher leert, bleiben Struktur und Steifigkeit anders als beim Flugzeug unverändert erhalten. Ein vielversprechender Ansatz.
Das Gesamtziel aller Maßnahmen: 54 Prozent mehr Reichweite bei 56 Prozent weniger Kosten pro Kilowattstunde in der Batterie bezogen auf das Systemlevel. Nur mit dieser Kostenreduktion könne es gelingen, das Elektroauto wirklich zum Massenprodukt zu machen. Auch hier nennt Musk ein ehrgeiziges Ziel: Tesla könnte 20 Millionen Elektroautos pro Jahr bauen. Das ist so etwa so viel, wie die beiden größten Autokonzerne Toyota und Volkswagen zusammen heute bauen.
Model S Plaid ab Ende 2021
Interessant ist auch, was Elon Musk in seinem Vortrag ausgelassen hat: Von einer Million Meilen Garantie war keine Rede. Dieses Versprechen wäre durch die fürs chinesische Model 3 geplanten Lithium-Eisenphosphatzellen (LFP) problemlos realisierbar. Diese Zellchemie gilt als extrem belastbar und preisgünstig. LFP-Zellen sind grundsätzlich kobaltfrei, haben aber eine geringere Energiedichte. Diese wiederum könnte durch das Cell-to-pack-Verfahren (von BYD aus China „Blade“ genannt) teilweise ausgeglichen werden. Bei Cell-to-pack wird nicht mehr eine bestimmte Anzahl von Zellen – typischerweise zwölf – zu einem Modul zusammengefasst, von denen wiederum mehrere ein System bilden, sondern der gesamte Bauraum direkt genutzt. Tesla wird allerdings so oder so darauf achten, überflüssige Verpackungen zu vermeiden.
Der Vortrag von Elon Musk auf dem Tesla Battery Day könnte auf viele Zuschauer zu abstrakt wirken, weil es inhaltlich um die Optimierung von Industrieprozessen und einer permanenten Evolution der Zellechemie ging. Für die möglicherweise enttäuschten Aktionäre und Fans kündigt er immerhin ein konkretes Produkt an: Ende kommenden Jahres geht der Plaid-Antrieb im Model S in Serie. Der Plaid- Antrieb hat zwei E-Motoren an der Hinterachse für eine perfekte Kraftverteilung zwischen den Achsen und einen dritten vorne. Ein Konzept, das so auch beim Audi e-tron S zu finden ist, der in den kommenden Wochen auf die Straße rollt. Tesla wird den Audi bei den Leistungsdaten trotzdem übertreffen: Das Tesla Model S Plaid soll in weniger als zwei Sekunden auf 100 km/h beschleunigen und über 320 km/h schnell sein. Die dafür nötige Leistung: Über 1.100 PS.
Erschienen bei heise Autos.