Toyota hat technische Details zum Batterie-elektrischen bZ4X veröffentlicht. Ab Mitte 2022 soll das SUV auf allen relevanten Weltmärkten angeboten werden. Der bZ4X ist das elektrische Pendant zum RAV4, einem der meistverkauften Autos überhaupt. Er konkurriert in Deutschland mit dem Volkswagen ID.4 und dessen Derivaten bei Audi und Skoda, mit dem Tesla Model Y und dem Hyundai Ioniq 5. Dem bZ4X werden bis 2025 sechs weitere Batterie-elektrische Autos folgen. Der Riese ist erwacht. Und wie immer bei Toyota stehen Verlässlichkeit, Sicherheit und Dauerhaltbarkeit mehr im Fokus als maximale Performance: Peace of mind, der Seelenfriede des Kunden, ist traditionell ein elementares Ziel der japanischen Marke.
So garantiert Toyota für die Batterie 90 Prozent der Ausgangskapazität über zehn Jahre oder 240.000 Kilometer. Zum Vergleich: Bei den meisten Wettbewerbern sind es 70 Prozent über acht Jahre und 160.000 km. Das ist ein wesentlicher Unterschied für Käufer, die eine Haltedauer über den üblichen Leasingzeitraum hinaus planen. Auch der Wertverlust könnte geringer ausfallen. Toyota hat im Joint-Venture mit Panasonic jahrzehntelange Erfahrung im Batteriemanagement. Es kann also davon ausgegangen werden, dass die Betriebsstrategie vorsichtig ausfällt, um die NCM-Zellen zu schonen. Die vereinbarte Kooperation mit BYD wiederum deutet darauf hin, dass kommende bZ-Modelle mit preisgünstigen LFP-Zellen ausgerüstet werden.
71,4 kWh Batteriekapazität, 150 kW DC-Ladeleistung
Für den bZ4X nennt Toyota einen Energieinhalt von 71,4 Kilowattstunden (Hyundai Ioniq 5: 72,6 kWh, Volkswagen ID.4: 77 kWh). Die Spannung des Batteriesystems liegt mit 355 Volt vergleichsweise niedrig. Die Ladeleistung bei Gleichstrom (abgekürzt DC für Direct Current) beträgt bis zu 150 Kilowatt (kW). Mit Wechselstrom (abgekürzt AC für Alternating Current) sind es lediglich 6,6 kW.
Ob Toyota für den europäischen Markt ein dreiphasiges AC-Ladegerät als Option anbieten wird, ist unklar. Auch der Ladestandard wird nicht konkret genannt; es ist allerdings davon auszugehen, dass der Konzern aller Staatsraison zum Trotz vom japanischen Chademo abweicht und den euro-amerikanischen CCS einsetzt: Die Pressefotos zeigen eine CCS-Buchse. Wäre das nicht der Fall, müsste man wie beim Lexus UX300e von einem Abwehrangebot sprechen. Mit Chademo wäre der bZ4X praktisch unverkäuflich.
Beim Antrieb gibt es zwei Varianten: Eine mit Frontantrieb (FWD) und 150 kW starkem Synchron-Elektromotor. Und eine mit Allradantrieb (AWD) vom Partner Subaru, wo der bZ4X baugleich als Solterra vertrieben wird. Beim AWD leisten die beiden Elektromotoren an der Vorder- und Hinterachse je 80 kW, woraus sich in Summe 160 kW ergeben. Die Beschleunigung auf 100 km/h beträgt beim FWD 8,4 Sekunden und beim AWD 7,7 Sekunden. Mit diesen Werten dürfte sich der Toyota auf dem Drag Strip ganz hinten einordnen – Seelenfrieden ist wichtiger als Performance, siehe oben.
Rund 500 km Reichweite
Während der Wendekreis von 10,4 Meter gut ist (Ioniq 5: knapp zwölf Meter), ist die Zuladung nach den vorläufigen Daten dürftig: Beim FWD sind es 275 Kilogramm (kg) und beim AWD 270 kg. Der bZ4X ist noch nicht homologiert; für die Reichweite gibt es darum nur eine Annäherung von 500 km im Verfahren WLTP für den FWD und 460 km für den AWD.
Es fehlen noch die Maße: Der Toyota bZ4X ist 4,69 m lang, 1,86 m breit und 1,65 m hoch. Der Radstand beträgt 2,85 m. Damit liegt er im Großen und Ganzen auf dem Level der Wettbewerber. Der Hyundai Ioniq 5 ist etwas breiter und hat mit drei Metern den längsten Radstand des Segments. Der Volkswagen ID.4 ist flacher und mit 4,58 m kürzer. Letztlich entscheidet die Raumausnutzung, wie gut das Platzangebot wirklich ist.
Kommen wir zu den erwähnenswerten Features. Toyota reklamiert eine praxistaugliche Reichweite auch im Winter, wozu unter anderem eine serienmäßige Wärmepumpe beitragen soll. Im Sommer kann ein optionales Solardach Strom für „bis zu 1.800 km im Jahr“ produzieren (Hyundai beim Ioniq 5: „2.000 km“).
Erstaunlicherweise zeigt Toyota neben einem konventionellen Lenkrad auch jenes mit nicht durchgehendem Kranz, das bereits in einer Studie zu sehen war. Ähnlich wie das „Yoke“-Lenkrad im Tesla Model S erinnert es an eine 80er Jahre-Mischung aus Flugzeugsteuerung und Knight Rider. Einige Modelle („some models“, welche sagt Toyota nicht) werden außerdem eine Steer-by-wire-Lenkung bekommen und auf eine mechanische Lenksäule verzichten. Mal sehen, was die europäischen Zulassungsbehörden dazu sagen.
Powerbank für die PV-Anlage
Der Toyota bZ4X wird so wie es Tesla vorgemacht hat und von den meisten Fahrzeugen adaptiert wird OTA-fähig sein, also drahtlose Over The Air-Updates der Software bekommen können. In der Pressemeldung wird zusätzlich erwähnt, dass der bZ4X einen Gleichstromausgang hat, mit dem ein Haus versorgt werden kann, und dass er als Speicher mit Rückspeisemöglichkeit (V2G) für Strom aus Photovoltaikanlagen einsetzbar ist. Ob und in welcher Form diese Funktionen nach Deutschland kommen, bleibt abzuwarten. Die Notstromfähigkeit ist eine typische Anforderung für den japanischen Markt, wo Erdbeben und ein zerstückeltes Stromnetz die Versorgungssicherheit immer wieder bedrohen.
Bei Toyota neigt man nicht zu Übertreibungen. Bis 2050, so heißt es, will man klimaneutral sein, und der bZ4X ist ein Baustein in dieser Strategie. Für Toyota ist der bZ4X ein Bekenntnis zur Batterie-elektrischen Mobilität. Die internationalen Interessenten können darauf vertrauen, dass die Entwickler aus der millionenfachen Erfahrung mit Hybridautos wissen, wie ein elektrischer Antriebsstrang effizient und langfristig funktioniert. Toyota bleibt konservativ. Aber es ist offensichtlich, dass man sich in Japan nicht länger ansehen konnte, wie das Model Y in den USA Marktanteile vom RAV4 übernimmt. In Deutschland wiederum waren nur 2,8 Prozent der 2021 neu zugelassenen Pkw von Toyota. Die Kurve zeigt nach oben, und zu diesem Trend könnte der bZ4X einen weiteren Beitrag leisten.
Erschienen bei heise Autos.