Am 12. Oktober veröffentlicht die Europäische Kommission den Vorschlag zur Ausgestaltung der Abgasnorm Euro 7. Vielleicht ist das die letzte Vorgabe zur Begrenzung der Emissionen von Verbrennungsmotoren: Ab 2035 dürfen keine neuen Pkw mehr neu zugelassen werden, die Kohlendioxid ausstoßen. Bei der Euro 7 geht es wie zuvor aber vorwiegend um die Limits für Stickoxide und Partikel. Und weil frühestens 2027 mit einer Scharfschaltung zu rechnen ist, wird es einen Zwischenschritt geben: Auf die aktuelle Abgasnorm Euro 6d folgt noch die Euro 6e.
Die Verhandlungskreise sind schweigsam. Bekannt ist: Die CO2-Emissionen, die für die Flottengrenzwerte relevant sind, die Stickoxidemissionen (NOx) und jene für Partikelmasse (PM) sowie Partikelzahl (PN) werden im WLTP erhoben. Also auf dem Laborprüfstand. Zusätzlich, und auch das ist nicht neu, müssen die Abgasgrenzwerte im Straßentest eingehalten werden.
Emissionsbudget im RDE
Der Straßentest – abgekürzt RDE für Real Driving Emissions – wird für Euro 7 überarbeitet. Statt einen Grenzwert in Milligramm pro Kilometer (mg/km) zu definieren, gibt es ein Emissionsbudget für eine Strecke von 16 Kilometern. Konkret: In einem strengen Szenario dürfen insgesamt 320 mg NOx ausgestoßen werden. Das entspricht 20 mg/km. In einem anderen Szenario werden 480 mg diskutiert, was rechnerisch 30 mg/km sind. Eine Entscheidung ist noch nicht öffentlich.
Klar ist dagegen, wo die Herausforderung für Diesel- und Ottomotoren liegt: In der Kaltstartphase. Dieselmotoren haben derzeit oft zwei SCR-Katalysatoren (für Selektive Katalytische Reaktion) mit Harnstoffeinspritzung, um Stickoxide unschädlich zu machen. Einen kleineren, der sich schneller erwärmt, und einen größeren für die lange Fahrt. Es könnte in Zukunft zusätzlich notwendig sein, den oder die SCR-Katalysatoren elektrisch vorzuheizen – mit Folgekosten bei Batterie und Lichtmaschine. Diesel-Pkw im Premiumsegment haben häufig ein 48 Volt-Mildhybridsystem; hier ist die Basis für einen Zuheizer schon vorhanden.
Ottomotoren emittieren wegen der meistens vorhandenen Direkteinspritzung Partikel. Ein Filter ist inzwischen selbstverständlich. Allerdings muss diese Reinigungsebene etwas leistungsfähiger werden, was Geld kostet.
150 Euro mehr im Kleinwagen
„Ein Kleinwagen mit Benzinmotor könnte mit Mehrkosten von 150 Euro drastische Emissionsverbesserungen erzielen“, sagt Felipe Rodriguez vom International Council on Clean Transportation (ICCT). Er ist zuversichtlich, dass „die letzte Generation von Verbrennungsmotoren mit wenig Geld deutlich sauberer“ gemacht werden kann. Die Abgasnorm Euro 7, so der ICCT, könne den vorzeitigen Tod von 35.000 Menschen vermeiden.
Die nominalen Grenzwerte für Stickoxide und Partikel sind auf dem Papier seit dem Typprüfungsdatum 1. September 2014 nahezu unverändert. Aber die Bedingungen, unter denen diese Limits eingehalten werden müssen, wurden drastisch verschärft.
So dürfen Autos mit Ottomotor 60 mg Stickoxide pro Kilometer rauslassen. Bei Autos mit Dieselmotor sind es 80 mg. Inzwischen müssen diese Werte auch im realen Straßentest RDE eingehalten werden. Hier gibt es bei der heute gültigen Euro 6d eine gesetzlich zugelassene Toleranz: Den so genannten Conformity Factor (CF). Er beträgt zurzeit 1,43. Faktisch dürfen Pkw den Laborgrenzwert also um diese Größenordnung überschreiten.
Margin Error statt Conformity Factor
Das ist der Punkt, an dem die Euro 6e ansetzt. Die Euro 6e gilt für die Typprüfung ab dem 1. September 2023 und ein Jahr später für alle neu zugelassenen Pkw. Der Conformity Factor wird ersetzt durch die PEMS error margin, übersetzt eine Fehlertoleranz bei den mobilen Messystemen im Straßentest. PEMS steht für Portable Emissions Measurement System.
Diese PEMS error margin ist in Wirklichkeit nicht anderes als eine Umbenennung des Conformity Factors. Für Stickoxide tritt eine Fehlertoleranz von 0,1 in Kraft. Das ist wie ein Conformity Factor von 1,1 statt der zurzeit gültigen 1,43. Bei der Partikelzahl PN ist die Fehlertoleranz 0,34, was einem Conformity Factor von 1,34 entspricht und somit einer Verschärfung gegenüber den zurzeit gültigen 1,5 für die Partikelzahl.
Ab dem Typprüfungsdatum 1. Januar 2025 und ein Jahr später für alle neu zugelassenen Pkw wird die Euro 6e nochmals überarbeitet: Wahrscheinlich wird die Normtemperatur, bei der die Straßentests gefahren werden, verändert.
Während die Euro 6e beschlossen ist, wird über die Euro 7 noch debattiert. Der Kommissionsvorschlag ist mit dem Veröffentlichungsdatum am 12. Oktober keineswegs verabschiedet; danach geht es in die Verhandlungen. So viel lässt sich nach heutiger Einschätzung spekulieren: Zwar werden Pkw mit Verbrennungsmotor marginal teurer. Das Aus droht für neue Pkw mit Otto- oder Dieselmotor aber erst über die Reduktion der CO2-Emissionen auf null im Jahr 2035.
Erschienen bei heise Autos.