Auch Toyota wird elektrisch

Der japanische Weg, einen Fehler zuzugeben, wird nicht in Worte gefasst: Toyota kommuniziert nach außen weiterhin die Multiantriebsstrategie mit Hybrid- und Brennstoffzellen-Pkw, handelt aber anders. Beim alljährlichen Kenshiki Forum (übersetzt ungefähr: der Einblick) in Brüssel stehen Elektroautos im Fokus.

Neben Neuvorstellungen wird der Bestand – konkret der bZ4X – mit der Konsequenz weiterentwickelt, die von Toyota erwartet werden darf. Schließlich ist Toyota Weltmarktführer, und auch in Europa wächst der Marktanteil des Großherstellers.

Das Wichtigste vom Kenshiki Forum im Überblick:

Weltpremiere C-HR+

Das neue Elektroauto Toyota C-HR+ liegt mit einer Länge von 4,52 Meter zwischen dem Urban Cruiser (4,29 Meter) und dem bZ4X (4,69 Meter). Er teilt den Namen mit dem beliebten C-HR (für Coupe High Rider), der mit Hybridantrieben und als Plug-in-Hybrid angeboten wird, also immer einen Verbrennungsmotor hat. Die Bezeichnung ist ähnlich, das Heck fällt wie bei einem Coupe gewünscht schräg ab. Weitere Gemeinsamkeiten zwischen C-HR und dem elektrischen C-HR+ sind eher zufällig. Es sind zwei verschiedene Autos.

Angaben zu Breite und Höhe macht Toyota nicht. Der Radstand beträgt 2,75 Meter, und der Kofferraum fast „mindestens 416 Liter“, so der Hersteller.

Die Käufer haben zwei Batteriegrößen zur Wahl, wobei die Zahlenwerte durchgehend Bruttoangaben sind. Welche Energiemenge tatsächlich entnommen werden kann, sagt Toyota nicht. Die Differenz ist bei Toyota im Vergleich zu anderen Herstellern im Regelfall hoch, weil so die Dauerhaltbarkeit erhöht werden kann – und das ist eine Kernkompetenz der Marke.

In der Basisversion mit Frontantrieb und 123 Kilowatt (kW) Motorleistung stehen 57,7 Kilowattstunden (kWh) zur Verfügung. Zusätzlich gibt es zwei Varianten mit 77 kWh: Einmal mit Frontantrieb und 165 kW Motorleistung und einmal mit Allradantrieb und 252 kW Motorleistung. Diese Topversion soll in 5,2 Sekunden auf 100 km/h beschleunigen; die Werte sind noch vorläufig.

Das gilt auch für die Reichweite, die bis zu 600 Kilometer (km) betragen soll. Eine Zahl, die sich auf die Version mit Frontantrieb und großer Batterie beziehen dürfte.

Toyota ist für die Lieblosigkeit kritisiert worden, mit der die bisherigen Elektroautos auf die Straße gebracht wurden. So kam der Lexus UX 300e mit dem quasi unverkäuflichen Chademo-Stecker statt dem europäischen Standard CCS (Combined Charging System) fürs schnelle DC-Laden (für Direct Current oder Wechselstrom). Mittlerweile hat Toyota Chademo aufgegeben. Zusätzlich konnte der UX 300e AC-seitig (für Alternating Current, also Wechselstrom zum Beispiel an der Wallbox) nur einphasig laden.

Dem Anschein nach reagiert Toyota jetzt deutlich.

Der C-HR+ lädt serienmäßig mit elf kW (dreiphasig) und in der höchsten Ausstattungslinie mit 22 kW. Die DC-Leistung von bis zu 150 kW mag nicht beeindruckend sein, trotzdem gibt es Fortschritte für die Lebenspraxis: Die Traktionsbatterie lässt sich manuell oder automatisch als Teil des dynamischen Routenplaners vorkonditionieren, und eine Wärmepumpe ist serienmäßig. Sitze, Lenkrad und Windschutzscheibe sind beheizbar.

Preise nennt Toyota noch nicht, die Auslieferung beginnt Anfang 2026.

Modellpflege bZ4X

In Norwegen war der bZ4X im Februar das meistverkaufte Auto. Und das, obwohl das Elektroauto bei Kälte eine sehr mäßige Perfomance hat. Das ändert sich mit der inzwischen zweiten umfangreichen Modellpflege des seit 2022 angebotenen SUVs bZ4X, das in dieser Form ab dem vierten Quartal 2025 ausgeliefert wird.

Rückblick: Zu Beginn konnte der bZ4X AC-seitig lediglich einphasig laden und hatte beim DC-Laden mehrfache Begrenzungen. So wurde zum Beispiel ab 80 Prozent Batteriestand radikal die Ladeleistung reduziert. Nach der ersten Überarbeitung wurde das AC-Laden dreiphasig (elf kW), und die übelsten DC-Mängel wurden beseitigt.

Nach dem Sommer 2025 wird der Toyota bZ4X in bestimmten Ausstattungsvarianten 22 kW AC laden können. Außerdem sind wie beim C-HR+ die manuelle oder automatische Vorkonditionierung serienmäßig; eine Wärmepumpe hat der bZ4X ohnehin. Die maximale DC-Leistung bleibt auf 150 kW begrenzt.

Das Portfolio der Antriebe wird erweitert. Wie beim C-HR+ gibt es einen neue Basisversion mit 57,7 kWh Energieinhalt und 123 kW Motorleistung. Bei der größeren Traktionsbatterie mit nun 73,1 kWh (bisher 71,4 kWh) stehen eine Variante mit Frontantrieb und 165 kW sowie eine mit Allradantrieb und 252 kW zur Wahl.

Beim Design gibt es ein klassisches Facelift. Die Linien etwa bei den Stoßfängern sind kantiger gezeichnet, und innen wurde die Mittelkonsole überarbeitet. Das Zentraldisplay ist bei allen bZ4X nun 14 Zoll groß.

Rollout Urban Cruiser

Das wichtigste Elektroauto für Toyota ist in diesem Jahr fraglos der Urban Cruiser. Er konkurriert zum Beispiel mit dem Volkswagen ID.3, dem Kia EV3 oder dem Volvo EX30. Die Auslieferung beginnt im dritten Quartal.

Der Urban Cruiser wird in Indien produziert und ist weitgehend baugleich als Suzuki e-Vitara zu haben. Es gibt zwei Batteriegrößen mit 49 und 61 kWh Brutto-Energieinhalt sowie 106 beziehungsweise 128 kW Motorleistung. Der Urban Cruiser hat als Fronttriebler Reichweiten von circa 300 und 400 km (die Typzulassung steht noch aus) und mit Allradantrieb etwa 350 km. Der Allradler ist an die große Batterie gebunden, die Motorleistung beträgt 135 kW.

Es kommen ausschließlich robuste und preisgünstige LFP-Zellen (für Lithium-Eisenphosphat) zum Einsatz. Unter der Voraussetzung einer jährlichen Inspektion bei Toyota gilt eine Garantie bis 70 Prozent des ursprünglichen Energieinhalts der Traktionsbatterie für zehn Jahre oder eine Million Kilometer Laufleistung.

Die LFP-Zellchemie ist kälteempfindlich. Folgerichtig haben alle Urban Cruiser serienmäßig eine Wärmepumpe sowie eine manuelle Vorkonditionierung. Eine Aussage über den Routenplaner und eine automatische Vorkonditionierung macht Toyota nicht.

Der Toyota Urban Cruiser hat mit 2,70 Meter einen 14 Zentimeter längeren Radstand als der sehr erfolgreiche Yaris Cross und versteht sich als elektrische Interpretation. Ein Unterschied ist die längs verstellbare und im Verhältnis 40:20:40 umklappbare Rückbank im Urban Cruiser.

Fazit

Auch wenn Toyota offiziell an der Multiantriebsstrategie mit Hybrid-Pkw, Plug-in-Hybriden und Brennstoffzellen-Autos festhält, zeigt das Handeln offensichtlich: Auch Toyota wird Batterie-elektrisch. Nach einem zähen Anfang beweisen die Japaner durch ihr Handeln, dass sie die Kunden ernst nehmen: Serienmäßige Wärmepumpen, die Vorkonditionierung sowie optionale 22 kW-Ladegeräte sind zwar nicht die Spitze der Bewegung, aber eine gute Basis, um den Ruf von Solidität und Verlässlichkeit fortzuführen.

Erschienen bei heise Autos.

Bildquelle: Toyota

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