2021!

Die Pandemie hat die Welt im Griff. Dass die Nachfrage nach Elektroautos trotzdem stabil ist oder sogar wächst, hat mit immer mehr und immer attraktiveren Produkten zu tun. Und mit dem Rückenwind der Politik: Auf europäischer Ebene erzwingen die CO2-Flottengrenzwerte den Verkauf von Autos mit Ladestecker. In Deutschland tritt ab 1. Januar eine zarte CO2-Steuer auf konventionelle Spritsorten in Kraft, die zugleich die Strompreise entlasten soll. Dazu kommen die Fortschreibung der so genannten Innovationsprämie, die Direktförderung von Wallboxes und – besonders wichtig – die Steuererleichterung für gewerblich zugelassene Elektroautos. Sie machen ungefähr zwei Drittel der Neuzulassungen aus: Der geldwerte Vorteil der Privatnutzung eines Firmen- oder Dienstwagens muss nicht mit einem Prozent des Bruttolistenpreises pro Monat versteuert werden. Stattdessen reduziert sich die Abgabe bei Elektroautos bis 60.000 Euro Listenpreis auf ein Viertel davon.

Eigentlich ist die Fülle der Neuerscheinungen so groß, dass wir sie in alphabetischer Reihenfolge abarbeiten müssten. Aber wir halten uns nicht ganz daran. Denn auch 2021 gibt es besonders interessante Elektroautos, die einen Extraplatz erhalten.

Los geht’s:

Volkswagen wird mit den Baureihen ID.3 und ID.4 so richtig abräumen. Der Kompaktwagen und das SUV sind bei nüchterner Betrachtung preisgünstig, das Heckmotor-Heckantriebskonzept des Modularen Elektrifizierungsbaukastens (MEB) bringt im Alltag klare Vorteile bei Traktion und Wendigkeit, und die Software des ID.3 hat mit den Updates ME 2.0 und 2.1 das Schlimmste hinter sich. Es folgen ab Frühsommer die Allradvariante des ID.4 mit dem Arbeitstitel GTX sowie im dritten Quartal die Schrägheckversion ID.5.

Hyundai mit 800 Volt-Plattform

Wer glaubt, der Volkswagen-Konzern würde jetzt über Jahre einen Vorsprung haben, irrt: Die Kampagne für den Hyundai Ioniq 5 beginnt im Januar, und im Juli soll der Kompaktwagen bei den Händlern stehen. Die neue Electric-Global Modular Platform (E-GMP) stellt von Front- auf Heckantrieb um. Die Batteriespannung des Ioniq 5 beträgt 800 Volt. Das gibt es sonst nur beim Porsche Taycan. Und das verspricht eine hohe DC-Ladeleistung beziehungsweise eine Ladekurve, die besser aussieht als beim Volkswagen ID.3. Dem macht Hyundai noch an einer zweiten Stelle Konkurrenz: Branchenkreise berichten, dass der Ioniq 5 ein sehr, sehr großes Head-up Display bekommt. Der Heim-TV lässt grüßen.

Analog dazu präsentiert Kia den CV. Er teilt die technische Basis, nicht aber das Design des Hyundai Ioniq 5. Wir hoffen darauf, dass die Elektroautos der Hyundai Motor Group weiterhin durch einen niedrigen Stromverbrauch überzeugen.

Bevor wir zu Mercedes kommen, darf der Hinweis auf das in Brandenburg produzierte Tesla Model Y nicht fehlen. Es wird neben dem Skoda Enyaq und dem BMW iX3 ein harter Wettbewerber zum Volkswagen ID.4. Tesla liefert außerdem das Model 3 Refresh ohne Chromverzierungen, aber mit Wärmepumpe aus. Branchenkreise mutmaßen, dass die Basisversion SR+ Refresh für unseren Markt ausschließlich aus China kommen und mit LFP-Zellen ausgerüstet sein wird.

Der Stern geht auf

Nach einer gefühlt endlosen Hängepartie kriegt Mercedes die Kurve und präsentiert gleich mehrere für die Marke extrem wichtige Elektroautos: Fürs Wohlgefühl – und den chinesischen Markt – am bedeutendsten ist der EQS, also eine elektrische Interpretation der S-Klasse. Die Produktion in Sindelfingen beginnt im ersten Halbjahr. In der zweiten Jahreshälfte folgt an den Standorten Bremen und Peking der EQE als quasi-Pendant zur E-Klasse. Dass mit EQS und EQE gleich zwei der traditionellen Mercedes-Limousinen mit Batterie-elektrischem Antrieb kommen, ist einerseits schlüssig und sinnvoll. Andererseits hatten Skeptiker lange befürchtet, dass der Daimler ohne Kooperationspartner (Hallo, Geely!) nicht überlebensfähig ist.

Stattdessen geht es jetzt Schlag auf Schlag. Neben EQS und EQE kommen das Kompakt-SUV EQB sowie der EQA, und der EQV geht tatsächlich an die Kunden raus. Der EQC ist wie gehabt erhältlich, wird aber bald ergänzt: Im US-Werk von Mercedes werden 2022 SUV-Versionen von EQE und EQS gebaut. So verlangt es der Weltmarkt.

Kommen wir zum Strauß der weiteren Neuerungen, was die Bedeutung der folgenden Fahrzeuge nicht schmälern soll!

Audi liefert mit dem e-tron S den digitalen Quattro aus: Zwei Motoren hinten und einer vorne sind das, was Tesla mit dem Plaid-Antrieb erst noch bringen will. Es folgen der e-tron GT als Cruising-Alternative zum Porsche Taycan und der Q4 e-tron (Steil- und Schrägheck) auf Basis des MEB und folglich mit der höchsten erwartbaren Stückzahl.

Auch die Bayern steuern um

BMW wird ähnlich wie Mercedes eine Wende vollziehen. Neben dem iX3 bieten die Bayern das schwere und große SUV iNext an. Auch ein elektrischer 3er wird vorgestellt. Sowohl optisch als auch beim Package am attraktivsten dürfte aber der i4 sein, eine elegante Sportlimousine, die gut in die Firmengeschichte passt. Es ist bedauerlich, dass BMW nach dem i3 nicht einfach kontinuierlich weitergemacht hat. Immerhin folgt jetzt die Fortsetzung.

Citroen beginnt mit der Kundenauslieferung des e-C4 auf Basis der e-CMP des PSA-Konzerns, den wir nach der Fusion mit Fiat Chrysler Automobiles (FCA) bald Stellantis nennen werden. Der e-C4 erinnert entfernt an den GS. In den 1970ern hatten Kürzel noch einen Inhalt: Die Grande Série sollte eine Massenauto werden. Heute folgt der e-C4 dem Breitentrend zu SUV-Coupes.

Citroen wird dem Markenkern zum Anderssein eher mit dem Ami gerecht. Zulassungstechnisch ist der Ami wie der Renault Twizy ein elektrisches Quad. Diese Nische wird hoffentlich auch vom Microlino besetzt.

Dacia wird mit dem kostengünstigen Spring zeigen, was im Niedrigpreissegment geht. Und Renault stellt der mittlerweile leicht angejahrten Zoe den Twingo Electric sowie ein kompaktes SUV im Format des Captur mit dem Arbeitstitel Zandar zur Seite. Prognose: Der Zandar wird beliebt, weil Renault es wieder schafft, ein attraktives, gefälliges und bezahlbares Elektroauto zu bauen.

Dem Streit um Ex-Konzernboss Carlos Ghosn zum Trotz soll an dieser Stelle Nissan erwähnt werden: Spät, aber nicht zu spät wendet sich der japanische Hersteller mit dem SUV Ariya vom Ladestandard Chademo ab. Nissan hat wegen des Leaf weiterhin viele Freunde in der Community, die auf so ein Elektroauto warten. Bis zur tatsächlichen Auslieferung könnte das Jahr 2021 aber bereits weit vorangeschritten sein.

Zum oben erwähnten neuen Konzern Stellantis gehört auch Fiat, wo der 500 ab sofort elektrisch fährt. Wir sind gespannt auf einen Praxistest mit dem lieben Kleinen. Er wird – eine Reminiszenz an BMW i3 und Mini Clubman – auch in der Version „3+1“ angeboten: Auf der Beifahrerseite gibt es zwei Türen, von denen die hintere an der C-Säule angeschlagen ist. Kinder könnten so nur zur Fußwegseite aussteigen. Zumindest bei Ländern mit Rechtsverkehr.

Porsche wird die beeindruckende Erfolgsgeschichte des Taycan mit dem Cross Turismo fortführen. Und irgendwann dürfte es einen Ausblick auf den Macan geben, dessen nächste Generation ohne Verbrennungsmotoren Premiere feiert. Das zumindest vermuten wir: Bei Porsche läuft es dermaßen gut mit der Elektromobilität, dass man sich abseits der echten Sportwagen 911 und 718 elegant vom Ottomotor verabschieden wird. Dem Diesel sagt man in Zuffenhausen nicht mal ein Lebewohl. Das von Audi adaptierte TDI-Aggregat hat zu viel Ärger eingebracht.

China überholt Japan

Wir erheben mit unserer Auflistung keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Selbstverständlich gehört der Opel Mokka-e dazu, obwohl er für 2021 praktisch ausverkauft ist. Bei Volvo bekommt der XC40 eine elektrische Variante namens Recharge P8, und für den Polestar 2, einen der Hoffnungsträger der Elektromobilität, wird es Basismodelle mit Heckantrieb geben, die etwas leistungsschwächer, aber auch preisgünstiger sind als bisher. Wir würden auch von Toyota und Subaru gerne etwas vermelden, müssen damit aber wohl bis 2022 warten, wenn es ein gemeinsames e-SUV geben wird. Und an die Solid State-Batterien des Toyota Konzerns oder von Quantumscape glauben wir erst an dem Tag, wo wir das erste Serienmodell laden.

Haben wir jemanden vergessen? Bestimmt. Unklar ist zum Beispiel, ob und in welchem Umfang chinesische Hersteller in Deutschland Elektroautos verkaufen werden. Der Aiways U5 gilt als gesetzt, und es bleibt abzuwarten, wie Xpeng nach dem Start des G3 in Norwegen weiter vorgeht. Die Limousine P7 wäre eine willkommene Ergänzung. Vorgestellt und trotzdem nicht bestellbar sind die Modelle von Nio: EC6, ES8 und ES6 gelten als ziemlich anziehend – wir bleiben vorsichtig, solange unklar ist, wann und über welche Vertriebsstruktur diese Elektroautos zu uns kommen. In China tut sich sehr, sehr viel. Die deutsche Autoindustrie wäre irre, wenn sie das nicht genau beobachten würde. Wir spekulieren, dass sich spätestens ab 2025 etliche Elektroautos aus China auf den Weg nach Europa machen.

Es ist gut zu sehen, dass sich in der Preisregion zwischen 30.000 und 50.000 Euro viele neue Produkte tummeln. Weniger schön ist dagegen, dass neben vernünftigen Kompaktwagen eine Armada riesiger und schwergewichtiger e-SUVs auf unsere Straßen zurollt. In dieser Klasse lässt sich weltweit leicht Geld verdienen. Ein Fortschritt im Sinn der Verkehrswende ist das leider nicht.

Erschienen bei ELECTRIVE.net.

Bildquelle: Hyundai

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Verwandte Beiträge

Beginne damit, deinen Suchbegriff oben einzugeben und drücke Enter für die Suche. Drücke ESC, um abzubrechen.

Zurück nach oben

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen