Geld für den Wallbox-Strom

Wer eine Wallbox hat und damit ein Batterie-elektrisches Auto, abgekürzt BEV für Battery Electric Vehicle, oder ein Plug-in-Hybridfahrzeug (oder PHEV für Plug-in Hybrid Electric Vehicle) lädt, kann dafür Geld bekommen: Pro Kilowattstunde sind rund zehn Cent möglich. Das ist ein weiteres Ergebnis der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (EU) 2018/2001. Viele Menschen sprechen hier von der Treibhausgasminderungsquote (THG), und in der Fachwelt ist meistens von RED II (für Renewable Energies Directive II) die Rede. Gemeint ist, dass die Mineralölkonzerne verpflichtet sind, die aktuelle CO2-Einsparung von sieben Prozent auf 25 Prozent im Jahr 2030 zu steigern. Davon haben Halter von BEV bisher durch eine Pauschalzahlung profitiert. Zusätzlich gibt es nun die Option, den an der eigenen Wallbox verladenen Strom über Drittanbieter in den CO2-Handel einzubringen. Und das nützt auch den Besitzern von PHEV, die bisher ausgeschlossen waren.

Ein erstes Produkt hierfür bietet Geld für E-Auto an. Es kann ab sofort bestellt werden. Voraussetzung ist wie gesagt eine Wallbox. Der Nutzer meldet im Portal lediglich die Höhe der geladenen Kilowattstunden (kWh) an. Fertig. Den Handel mit den CO2-Äquivalenten erledigt in diesem Fall die ZusammenStromen GmbH, das Unternehmen hinter Geld für E-Auto.

Der Mechanismus ist nicht neu. Bisher hatten allerdings nur die Betreiber von öffentlichen Ladestationen einen Vorteil. EnBW, Ionity und die anderen Betreiber verdienen mit jeder Kilowattstunde Geld über den THG-Quotenhandel. Dieses Modell überträgt ZusammenStromen jetzt auf Privatpersonen.

Wallbox als öffentlich deklarieren

Hierzu muss die eigene Wallbox als öffentlich deklariert werden. „Eine Wallbox öffentlich machen heißt nicht, dass sie in Onlineverzeichnissen zu finden ist“, stellt Luca Schmadalla, CEO bei ZusammenStromen klar. Es sei den Nutzer*innen selbst überlassen, ob und wem diese Information zugänglich gemacht werde, so Schmadalla. Übersetzt: Das wird keiner tun.

Formal müssen lediglich die Anforderungen der Ladesäulenverordnung (LSV) erfüllt sein. Es reicht also, wenn man theoretisch definiert, dass die eigene Wallbox eine Minute am Tag für jeden zugänglich ist. Egal ob das Garagentor dann offenstehen müsste oder ob der Carport ohnehin zugänglich ist. Lebenspraktisch passiert einfach gar nichts.

Halter eines BEV, die zusätzlich eine Wallbox haben, bekommen also zweimal Geld über den RED II-Mechanismus zum THG-Quotenhandel: Zum einen über die Pauschalzahlung, die bei einigen Anbietern derzeit bis zu 400 Euro pro Jahr betragen kann. Und zum anderen über den tatsächlich geladenen Strom. Wer also ein BEV mit einem Stromverbrauch von 20 kWh über 15.000 Kilometer im Jahr an der heimischen Wallbox lädt, erhält dafür etwa 300 Euro. Es ist davon auszugehen, dass nach Geld für E-Auto schnell weitere Anbieter folgen; hier entwickelt sich also ein Wettbewerb um die beste Vergütung pro kWh.

Das Mehr für den Firmenparkplatz

Auch Firmen können dieses Geld bekommen: Wenn ein Unternehmen einen Parkplatz mit Ladestationen hat, ist es ebenfalls möglich, diesen Strom zu handeln. Hier ergibt sich ein immenses Potenzial, zumal wie beschrieben auch jede Kilowattstunde, die in PHEV fließt, abgerechnet werden kann. Denn das ist das Ziel bei PHEV: Sie sollen so häufig wie machbar elektrisch und nicht mit Superbenzin oder Dieselkraftstoff fahren.

Koordiniert wird der THG-Quotenhandel nach RED II in Deutschland über das Umweltbundesamt (UBA). Das UBA errechnet unter anderem anhand der aktuellen CO2-Emissionen im durchschnittlichen deutschen Strommix, welche Kohlendioxid-Reduktion sich durch das elektrische Fahren im Vergleich zum konventionellen Antrieb ergibt. Formal ist es darum nicht verpflichtend, zu Hause Grünstrom zu laden.

Die Mineralölkonzerne wiederum prüfen, wie sie es schaffen, der Strafzahlung von 600 Euro pro Tonne CO2-Äquivalent zu vermeiden. Bis letztes Jahr war das noch über die bekannte Beimischung (früherer Name: Biokraftstoffquote) mit E5, E10 und B7 zu erfüllen. So kamen sechs Prozent Minderungsquote zusammen. Das funktioniert darüber hinaus nicht mehr, und das spült den Haltern von BEV, den Betreibern von öffentlichen Ladestationen und den Besitzern von Wallboxes, die diese als öffentlich deklarieren, Geld in die Tasche. Am preisgünstigsten wäre es für die Mineralölkonzerne übrigens, durch die Reduktion der Upstream Emissions die Quote zu erfüllen: Wenn zum Beispiel Wasserstoff in der Raffinerie eingesetzt wird, der mit Strom aus Wind und Sonne hergestellt wurde. Und das wird auch passieren.

Kritik an der Logik des THG-Quotenhandels

Wer bei einem Tradingportal die geladenen Kilowattstunden angibt, muss das nach aktueller Lesart auch nicht nachweisen. Das UBA behält sich aber vor, Stichproben zu nehmen, wenn eine Zahl nicht plausibel ist. Das System basiert also derzeit auf Vertrauen.

Was noch? Es ist unerheblich, ob der Strom, der an der Wallbox abgegeben wird, aus dem Netz oder von der PV-Anlage auf dem Dach stammt. Das Geld für die THQ-Minderungsquote fließt in jedem Fall.

Die Logik des Handels mit CO2-Äquivalenten zur Reduktion der Treibhausgasemissionen führt immer wieder zu kritischen Fragen. Wer einen Liter Superbenzin oder Dieselkraftstoff in seinem Pkw mit Hubkolbenmotor verbrennt, hat schließlich kein Gramm Kohlendioxid weniger in die Atmosphäre gepustet, nur weil der Mineralölkonzern das so gehandelt hat. Umgekehrt aber ist das System eine Belohnung für jene, die ein BEV halten oder ein BEV oder PHEV zu Hause mit Strom laden.

Privatpersonen und Firmen, die in ihren Carports oder auf ihren Mitarbeiterparkplätzen Ladestationen betreiben, wird es trotzdem freuen. Die Amortisation eines Elektroautos über den Strompreis ist angesichts rapide angestiegener Neuwagenpreise und hoher Stromkurse nämlich schwierig geworden.

Erschienen bei heise Autos.

Bildquelle: Geld für E-Auto

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