Drei Komma X: Die Mühelosigkeit, mit der im Toyota Yaris Hybrid Verbrauchswerte von unter vier Litern erreichbar sind, ist verblüffend. Das gilt zumindest nach der unmittelbaren Kaltstartphase und diesseits der Autobahn. Also auf Bundesstraßen und in der Stadt. Die zweite Generation des Yaris Hybrid unterbietet den niedrigen Kraftstoffkonsum des Vorgängers meistens – aber nicht immer – um ein paar Zehntel. Außerdem hat Toyota offenbar auf die Kritik der Kunden gehört: Mehrere signifikante Schwächen wurden behoben. Nur beim Preis ist der japanische Konzern weiterhin sehr selbstbewusst.
Die Proportionen haben sich leicht zu Gunsten des Innenraumkomforts verschoben: Der Yaris ist mit 1,75 Meter fünf Zentimeter breiter geworden, was für die Ellenbogen das entscheidende Mehr bedeutet. Höhe und auch Länge sind weitgehend identisch; Toyota folgt hier nicht dem Trend, die Parklücken mit jeder Evolutionsstufe schrumpfen zu lassen. Angenehm.
Sicherheits-Plus
Der Alltag ist nochmals sicherer geworden. Das liegt zum Beispiel an den LED-Scheinwerfern. Sie bilden einen scharfen Kontrast zu den mangelhaften Halogenlichtern des alten Yaris Hybrid. Allerdings sind sie erst ab der Ausstattungslinie Club (ab 22.990 Euro) inbegriffen. Serienmäßig in allen Yaris-Modellen – also auch in der handgeschalteten Basisversion mit 53 kW (72 PS) Motorleistung – ist dagegen ein umfangreiches Assistenz- und Sicherheitspaket.
Das beinhaltet zum Beispiel einen adaptiven Tempomaten und die wahlweise aktive Mittelspurführung. Auf der Autobahn cruist man dahin wie bei den ganz Großen. Geschwindigkeitsregelung ein, Lenkassistent ein, laufen lassen. Darüber hinaus ist es möglich, das über die Verkehrszeichenerkennung identifizierte Limit mit langem Zug am Lenkradschalter zu übernehmen. Es ist fraglich, warum die Konkurrenz deftige Aufpreis für diese Funktionen verlangt, obwohl Radar und Kamera wegen der vorgeschriebenen Notbremssysteme in allen Motorvarianten vorhanden sind. Ein Lob geht also an Toyota, auch für die automatische Fernlichtschaltung, den Kreuzungsassistenten und zahlreiche Airbags.
Sicher ist sicher, das galt und gilt auch für den Antrieb. Die Dauerhaltbarkeit der Toyota-Hybride hat sich herumgesprochen. Am Grundaufbau hat sich beim Yaris Hybrid wenig geändert. Im Detail eine Menge.
Noch effizienter
Der Vorgänger basierte beim Antriebsstrang im Wesentlichen auf dem Prius 2. Im Vergleich zur aktuellen Stufe des Hybridantriebs, die 2016 mit dem Prius 4 und der Toyota New Global Architecture (TNGA) anlief, war der Yaris schlicht veraltet. Der neue Yaris Hybrid hat zwar weiterhin 1,5 Liter Hubraum. Aber der Rest ist stark überarbeitet.
Dass sich dieser Hubraum jetzt auf drei statt vier Zylinder verteilt, führt zu einem klar veränderten – und im Vergleich zur Konkurrenz deutlich wahrnehmbaren – Klangbild. Das Drehmoment des Verbrennungsmotors steigt leicht von 111 auf 120 Newtonmeter (Nm) und die Leistung von 55 auf 68 kW. In Addition mit der Kraft des größeren der zwei Elektromotoren von 59 kW sowie 141 Nm ergibt sich eine Systemleistung von 85 kW (116 PS). Wie gehabt erfolgen die Verteilung und Steuerung des Dreizylinders sowie der beiden E-Motoren über ein Planetengetriebe, das Toyota e-CVT nennt.
Dieses Zusammenspiel funktioniert so reibungslos, wie es nur sein kann. Der Bumms im Praxisbetrieb ist spürbar angestiegen, was sich an den reinen Beschleunigungswerten (9,7 statt 12 Sekunden auf 100 km/h) nur unvollkommen ablesen lässt. Alles wirkt unangestrengter, man muss den Yaris selten prügeln, und auch bei der Autobahnauffahrt ist es vorbei mit dem gequälten Höchstdrehzahlsound des Vierzylinders. Der Schub hält lange an, und das Geräuschniveau von Wind und Fahrwerk ist niedriger als zuvor. So leise wie ein Volkswagen Polo ist der Yaris allerdings weiterhin nicht.
Ein paar Zehntel weniger
Auf der Autobahn, siehe oben, helfen adaptiver Tempomat und Mittelspurführung beim komfortablen Fahren. Weil die Stirnfläche des Yaris Hybrid aber nahezu unverändert ist, leidet der Verbrauch: 6,1 Liter bei Richtgeschwindigkeit (Anzeige dabei: 133 km/h) sind okay, aber nicht rekordverdächtig. Hier gibt es keinen habhaften Fortschritt.
Das ändert sich, sobald die Abfahrt erreicht ist. Der rein elektrische Fahrbereich des Antriebsstrangs ist weitaus größer geworden. An der Kapazität der Pufferbatterie – man höre und staune, Toyota ersetzt den Nickel-Metallhydrid- durch einen Lithium-Akku – von nur 0,76 Kilowattstunden (kWh) allein kann das nicht liegen. Wahrscheinlich ist die Leistung (früher: 20 kW) der Pufferbatterie gewachsen; hierzu liegen keine Daten vor. Das effizientere Thermomanagement des Dreizylinders ist der zweite Faktor, der dazu beiträgt. Er schaltet viel früher ab als zuvor: Im Schiebebetrieb ab rund 120 km/h. Und beim Beschleunigen geht es bis circa 80 km/h ohne Sprit.
Das Resultat sind Verbrauchswerte, die von keinem Konkurrenten erreicht werden. Mit simuliert aggressivem Gasfuß sind über vier Liter möglich. Wer den Yaris gleiten lässt, bekommt nach Ablauf der Kaltstartphase problemlos weniger angezeigt. Im Überlandbetrieb waren es 3,6 Liter, und falls der Verkehr in der Stadt mal rollt, blitzt sogar die 2 zeitweise auf. Das Testmittel von 5,1 Litern war das Resultat eines Autobahn-lastigen Streckenprofils, wobei das Wetter noch frühlingshaft mit einstelligen Temperaturen und die Fahrbahn zeitweise nass war.
Auf kurvigen Straßen zeigt sich, dass die breitere Spur und die neue Lenkung dem Yaris guttun. Der Alte war, nun ja, etwas holzig und unpräzise. Und so ganz überwunden sind die Abstimmungsschwächen nicht: Die 17-Zoll-Räder des Testwagens (Ausstattungslinie Style, ab 25.090 Euro) mögen nett aussehen, rollen aber zu hart ab. Leider hat der Yaris auch nicht die Mehrlenkerhinterachse von Corolla und Prius bekommen, sondern nur eine Torsionskurbelachse. Nein, ein agiler Ford Fiesta ist er nicht, der neue Yaris, nur erheblich besser als der staksende alte.
Anhängekupplung und Dachträger erhältlich
Endlich bestellbar ist jetzt eine Anhängekupplung mit einer Zuglast von 450 Kilogramm (kg) zum Preis von 539 Euro. Nicht viel, aber genug für den Einachser mit den Gartenabfällen oder für die Rennjolle. Toyota vertreibt über den Zubehörkatalog auch den guten Heckfahrradträger von Uebler (652 Euro), der für zwei Räder mit bis zu je 30 kg ausgelegt ist. Also auch für die fetten Pedelecs, deren Batteriekapazität mit dem Yaris Hybrid fast gleichauf liegen. Diverse Dachträger sind ebenfalls im Angebot.
Das ist erwähnenswert, weil das bei Batterie-elektrischen Autos häufig nicht oder nur eigeschränkt erhältlich ist. Womit wir beim Thema wären: Die üppige Förderung („Innovationsprämie“) von 9.570 Euro bringt Fahrzeuge wie den Opel Corsa-e oder sogar den Volkswagen ID.3 Pure in vergleichbare Preisregionen. Elektroauto oder Hybrid?
Oder doch ein Elektroauto?
Das kommt drauf an. Käufer von Elektroautos haben sich im Regelfall für diese Antriebsart entschieden und interessieren sich nicht für Vergleiche zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Die Kraftstoffkosten des Yaris Hybrid jedenfalls sind gering, die Kfz-Steuer (beim Testwagen mit üppiger Ausstattung 97 g CO2 / km nach WLTP) mit 34 Euro im Jahr niedrig und die Zuverlässigkeit legendär. Eine Degradation der Pufferbatterie tritt extrem selten auf, während Besitzer eines Batterie-elektrischen Autos mittel- und langfristig mit einer schrittweisen Reduzierung der in dieser Klasse ohnehin geringen Reichweite rechnen müssen.
Trotzdem werden vor allem Selbstständige und Dienstwagenberechtige (gewerbliche Zulassungen beim Yaris im Januar laut KBA: 47 Prozent) auf die Elektroautos schielen, weil die Versteuerung des geldwerten Vorteils der Privatnutzung von einem Prozent des Bruttolistenpreises auf ein Viertel sinkt.
Langfristig solide
Ein Schnäppchen war der Toyota Yaris Hybrid nie, und auch wenn die Preise ausstattungsbereinigt kaum angestiegen sind, ist der Geiz teuer: Die mit dem Mindestmaß des Sinnvollen ausgerüstete Linie Comfort ist ab 21.490 Euro und die empfehlenswerte Mitte namens Club ab 22.990 Euro zu haben. Dennoch darf als sicher gelten, dass rund zwei Drittel aller Yaris als Hybrid ausgeliefert werden. Das Motto: Wenn Hybrid, dann Toyota, und wenn Toyota, dann bitte als Hybrid.
Es bleibt der starke Eindruck eines äußerst sparsamen, sicheren und soliden Autos. Der Toyota Yaris Hybrid hat einen großen Sprung nach vorne gemacht. Er ist nochmals kraftvoller und zugleich effizienter geworden. Der Kauf eines Toyotas ist für viele Privatkunden eine langfristige Investition. Mag der Preis auch hoch sein, die Dauerhaltbarkeit des Hybridantriebs zahlt sich aus. Nicht jeder hat schon Lust auf ein Elektroauto.
Erschienen bei heise Autos.