Volkswagen hat den ID. Aero vorgestellt. Das Elektroauto basiert auf dem Modularen Elektrifizierungsbaukasten (MEB) des Konzerns. So wie es ID.3, ID.4, ID.5, ID.6 und der ID.Buzz bereits vormachen. Mit dem ID. Aero baut Volkswagen ab 2023 eine knapp fünf Meter lange Limousine und spricht vom „Weltauto“. Der jetzt gezeigte Ausblick ist allerdings nur für den chinesischen Markt gedacht und wird dort in zwei leicht unterschiedlichen Versionen von den Joint-Ventures FAW-Volkswagen und SAIC Volkswagen produziert. Im Jahresverlauf 2023 läuft auch das Band in Emden mit dem für Europa angepassten Design des ID. Aero an: Er ist nichts anderes als die Batterie-elektrische Interpretation des VW Passat.
In China hat der ID. Aero harte und einheimische Konkurrenz. Elektrische Limousinen wie der BYD Han, der Xpeng P5 oder der Changan SL03 sind gefragt. Volkswagen sagt, dass der ID. Aero ein Viertürer ist. Ein Hinweis darauf, dass der ID. Aero – ähnlich wie viele Wettbewerber – keine Heckklappe, sondern einen Stummeldeckel haben wird.
Niedriger Luftwiderstand, 620 km Reichweite
Volkswagen veröffentlicht nur wenige technische Daten. So soll der Luftwiderstandsbeiwert bei cW 0,23 liegen. Ein im Vergleich zu SUVs exzellenter, in diesem Segment aber inzwischen üblicher Wert. In Kombination mit der bekannten Batterie mit einem Energieinhalt von 77 Kilowattstunden (kWh) soll die Reichweite nach WLTP bei 620 Kilometern (km) liegen.
Der ID. Aero beruft sich also auf Bewährtes; es ist faktisch eine weitere Karosserievariante des MEB. Warum auch nicht? Innovationen am Batteriesystem zeigt Volkswagen allerdings nicht. Bei der Konkurrenz aus China ist das anders. BYD, zugleich Fahrzeug- und Batteriehersteller, dokumentiert mit der Plattform 3.0, was heute angesagt ist: Großformatige LFP-Zellen („Blade“), 800 Volt Spannung und Integration in den Fahrzeugboden („Cell-to-Body“). Und CATL, der größte Zulieferer für Traktionsbatterien überhaupt, hat jüngst die Qilin-Batterie präsentiert: Auch hier gibt es keine Modulebene mehr; die Zellen (wahlweise mit LFP- oder NMC-Kathode) werden direkt ins System gepackt („Cell-to-Pack“) und aufwendig temperiert. CATL reklamiert eine Energiedichte, die um 13 Prozent höher liegen soll als bei der viel gefeierten 4680-Zelle von Tesla.
Kombi ID. Space Vizzion
Weil wir zu wenig Detailinformationen aus der Pressemeldung ziehen können, schauen wir ins Archiv: Volkswagen hatte im November 2019 die Studie ID. Space Vizzion ausgestellt. Das war quasi die Vorschau auf den elektrischen Passat Variant. In Emden wird also sehr wahrscheinlich neben dem europäischen ID. Aero der weitgehend baugleiche Kombi ID. Space Vizzion gebaut werden. So, wie es früher beim Passat mit Schrägheck und dem Variant war. Endlich, möchte man sagen, denn auch wenn elektrische Limousinen wie das Tesla Model 3 zu einem kleinen Revival dieser Karosserieform geführt haben, sehnen sich doch viele Kunden in Deutschland, Frankreich oder Schweden nach einem Kombi.
Für den ID. Space Vizzion wurde 2019 konkretere Rahmendaten genannt: 4,96 Meter Länge, 1,90 Meter Breite und 1,53 Meter Höhe zeugen vom nahezu ungehemmten Größenwachstum der Elektroautos. Der Heckmotor leistet 205 kW. Mit zusätzlichem Frontmotor („4Motion“) sind es 250 kW, die den Space Vizzion in 5,4 Sekunden auf 100 km/h und weiter bis auf 175 km/h beschleunigen sollen. Das Kofferraumvolumen beträgt 586 Liter, und die WLTP-Reichweite 590 km. Möglicher Serienstart aus der Perspektive von 2019: 2021.
So ist die Weltpremiere des ID. Aero aus deutscher Sicht vor allem ein netter Appetitanreger. Die elektrische Limousine ist für Volkswagen bedeutend, weil der Erfolg auf dem chinesischen Markt elementar für die Marke und den Konzern ist. Die Kunden in Deutschland und Europa dürften aber lieber auf den Kombi warten. Wir prognostizieren die Präsentation für 2023 und die Auslieferung für 2024. Und vielleicht hat Volkswagen bis dahin ein etwas moderneres Batteriesystem integriert.
Erschienen bei heise Autos.