Es ist höchste Zeit: Jetzt, wo die Prämie der Bundesregierung und der Hersteller den Kauf eines Batterie-elektrischen Autos um 4.000 Euro vergünstigt, muss die Infrastruktur verbessert werden. Und zwar schnell. Das ist auch das Stichwort für FAST-E . Das zur Hälfte von der Europäischen Union finanzierte Infrastrukturprojekt soll endlich der Durchbruch für ein funktionierendes und flächendeckendes Schnellladenetz sein. Eins, das zur Basis des Batterie-elektrischen Fahrens wird. Außerdem könnte es, wenn es klug ausgebaut wird, zu Teslas Superchargern aufschließen, der Messlatte beim Stromtanken.
Mit der offiziellen Vorstellung der ersten 21 Standorte in Deutschland sowie sieben weiterer in Belgien ist ein Anfang gemacht. An jedem dieser Punkte steht ein so genannter Triplecharger. Der Dreifachlader bedient den EU-Standard CCS (Combined Charging System), den japanischen Chademo-Standard sowie den mit Wechselstrom arbeitenden Typ 2. Die Ladeleistungen betragen vorerst je 50 Kilowatt (mit Gleichstrom bei CCS und Chademo) beziehungsweise 43 kW (AC). Zulieferer der Dreifachlader ist in den meisten Fällen efacec, und vor jeder dieser Säulen stehen zwei Parkplätze zur Verfügung.
Das wichtigste Unternehmen beim insgesamt 18-Millionen Euro teuren Projekt FAST-E ist Allego. Die deutsche Tochter des niederländischen Netzbetreibers Alliander ist Anführer eines Konsortiums, an dem viele Automobilfirmen teilhaben: BMW, Nissan-Renault und Volkswagen sind Beispiele dafür. Die Bahn macht auch mit.
Das Ziel bis spätestens Juni 2017: 241 Standorte mit einer Dreifach-Schnellladesäule in Deutschland. Dazu 37 weitere in Belgien sowie je 15 in Tschechien und der Slowakei. Schwerpunkt sind die Autobahnen, aber auch in wichtigen Stadtgebieten sollen Säulen errichtet werden. Der höchste Abstand: 70 bis 80 Kilometer. Diese Entfernung passt gut, denn sie entspricht ungefähr dem, was ein Batterie-elektrisches Auto diesseits von Teslas Model S bei Richtgeschwindigkeit auf der Autobahn verlässlich schafft. Ebenfalls interessant ist, dass als Teil von FAST-E drei Standorte mit einem Batteriespeicher versehen werden.
Noch ein paar Zahlen? An 61 Punkten in Deutschland (Belgien: weitere zwölf) findet zurzeit der Aufbau statt; bei 179 weiteren bestehen Verträge. Es geht also mächtig voran.
Zwischenziel: 150 kW Ladeleistung
Damit ist man bei FAST-E trotzdem nicht auf einem Niveau mit Teslas Superchargern. Denn die bieten eine Ladeleistung von 120 Kilowatt, also mehr als doppelt so viel. Ist doch egal, könnte man meinen, schließlich ist noch kein Auto erhältlich, dass zum Beispiel mit dem CCS-Stecker einen ähnlichen Stromfluss verkraftet.
Das allerdings wird sich bald ändern. Ab Anfang 2018 wird die Serienversion des Audi Quattro Concept – und sie können es sich in Ingolstadt schlicht nicht leisten, das Modell zu verschieben oder gar aufzugeben – in den Verkaufsräumen stehen. Dessen Ladeleistung beträgt 150 kW. In 20 Minuten könnten also 50 Kilowattstunden in der Batterie sein. Genug für rund 200 Kilometer auf der Autobahn. Weitere 150 kW-fähige Fahrzeuge werden folgen.
Um die 150 kW und mittelfristig sogar bis zu 350 kW realisieren zu können, braucht man analog zu Teslas Superchargern einen Trafo. Der wiederum kostet Geld – die Europäische Union hilft.
So sind nach aktuellem Stand schon 13 Standorte von FAST-E mit einem Trafo versehen und damit für die spätere Aufrüstung vorbereitet. An diesen zukünftigen Ladeparks wird mindestens eine Dreifach-Säule von Allego stehen; es ist nicht gesichert, dass die drei weiteren Säulen anderer Anbieter am gleichen Hub ebenfalls sämtliche Standards beliefern. Der alte Streit zwischen den Gleichstrom-Systemen CCS und Chademo wird hier ausgetragen. Die Grundversorgung ist nach heutiger Einschätzung jedenfalls für die Japaner sicher.
Teslas Supercharger sind weiter das Vorbild
Aus den heute 13 sollen 40 Locations werden, die aufrüstbar sind und damit konkurrenzfähig zu Teslas Superchargern wären. Es kann nicht oft genug wiederholt werden: Tesla hat die Benchmark gesetzt, an der sich die Wettbewerber orientieren müssen. Die wichtigsten Stärken der Supercharger sind 1.) hohe Ladeleistungen für entsprechende Autos, 2.) ein europaweit funktionierendes Netz für das 3.) die Identifikation automatisch per Software erfolgt und nicht durch eine RFID-Karte, einen Dongle oder eine SMS.
Gerade bei Identifikation und Abrechnung hat die Konkurrenz gravierende Schwächen. Die Zahl der Ladepunkte wächst stetig, und dennoch scheint es unmöglich, eine einheitliche Lösung zu finden. Die Tour durch Deutschland und Europa wird weniger durch einen Mangel an Säulen als durch das Chaos beim Bezahlsystem behindert.
Zurück zu FAST-E. Das Projekt ist eine äußerst positive Perspektive und an 21 Standorten Gegenwart. Und es steht nirgends geschrieben, dass FAST-E die einzige Initiative zur Verbesserung der Ladeinfrastruktur sein darf. Für alle, die neugierig auf ein Batterie-elektrisches Auto sind, ist FAST-E eine gute Nachricht – sie haben eine immer größere Sicherheit, auf Plug-In-Hybride verzichten zu können.
Die Energiewende im Auto kommt offensichtlich nur langsam in Gang. Falls sie aber irgendwann Fahrt aufnimmt, wird die Zahl der heutigen Ladesäulen lächerlich klein wirken. Denn wenn Millionen Batterie-elektrischer Autos über die Straßen Europas surren, müssen nicht Dutzende, sondern viele Tausend Superschnellladestationen her. Die Skalierbarkeit für die Masse ist eine der offenen Fragen im System der Ladesteckermobilität – funktioniert sie wirklich so leicht, wie sich das die Apologeten der Technik vorstellen? Vielleicht gesellt sich doch eine alternative Technologie dazu – das induktive Laden während der Fahrt zum Beispiel oder das Elektroauto mit Brennstoffzelle.
Erschienen am 20. Mai bei heise Autos.