Zur Batterie-elektrischen Mobilität gehört mehr als ein reizvolles Fahrzeug – das macht Tesla vor. Damit die Besitzer eines Model S oder Model X unterwegs schnell genug die Akkus ihres Elektroautos laden können, hat die Autofirma aus Kalifornien ein Netz sogenannter Supercharger aufgebaut. Auch in Deutschland. An 53 Standorten entlang der Bundesautobahnen warten jeweils vier bis acht Stellplätze auf energiehungrige E-Autos. In einer halben Stunde sind über 200 Kilometer Reichweite „getankt“.
Das Netz geht durch ganz Europa und wird jeden Monat dichter. Der Clou: Die Besitzer der Teslas müssen sich nicht durch Identifikationskarten autorisieren – das passiert automatisch – und den grünen Strom haben sie mit dem Kaufpreis bezahlt. Das ist niederschwellig, einfach und vor allem: Es funktioniert.
Dass dieses Konzept nachahmenswert ist, hat die Autowelt inzwischen erkannt. An der Umsetzung hapert es bei den Wettbewerbern jedoch, die Perfektion von Tesla Motors wird noch nicht erreicht. Fachkreise berichten, dass bis Jahresende mehrere Hundert Schnellladesäulen nach dem europäischen CCS-Standard fertig sein sollen, massiv gefördert durch Brüssel und Berlin und an wichtigen Knotenpunkten bei und zwischen den Städten.
An solchen CCS-Ladestationen lassen sich etwa die Akkus eines BMW i3 oder eines Volkswagen e-Golf füllen. Die Ladeleistung, übersetzt also die Geschwindigkeit, von CCS liegt vorerst bei 50 Kilowatt (kW). Bei Tesla Motors sind es 120 kW, damit geht das Laden fast zweieinhalb Mal so schnell. Stück für Stück zieht CCS nach. Bis Ende 2017 wird es CCS-Säulen mit 150 kW Ladeleistung geben und 2018 mit dem Audi e-tron quattro auch ein Auto, das mit dieser Leistung kompatibel ist. Das Ziel sind 350 kW, so formuliert es der Verein CharIn (Charging Interface Initiative); es könnte 2020 mit einer Serienversion des Porsche Mission E erreicht werden.
Fundament Heimladung
Teslas Supercharger überzeugen durch die simple Plug-&-Play-Bedienung sowie den scheinbar kostenfreien Strom. Der Beweis, dass die Identifikation bei CCS flächendeckend genauso mühelos klappt, muss erst noch erbracht werden. Zurzeit gibt es hier keine einheitliche Lösung für Deutschland und Europa: Es sind verschiedene Plastikkarten nötig, um den Ladestrom an einer CCS-Säule zu starten. Manchmal braucht man eine App.
Auch bei der Abrechnungsmethode herrscht Chaos. Mal wird der Tarif nach der Ladezeit berechnet, mal ist eine Flatrate erhältlich, und mal wird jede Kilowattstunde korrekt aufgelistet. Dazu wird wohl ein weiterer Unterschied zu Tesla kommen: Branchenkenner sagen, dass der Strompreis an schnellen Autobahnladesäulen besonders hoch sein könnte, dass quasi ein Aufpreis für die kurze Wartezeit gezahlt werden muss. Von 50 Cent und mehr pro Kilowattstunde ist die Rede.
Tesla hin, CCS her, die Konzentration auf ein mit Gleichstrom arbeitendes Fernreisenetz wäre völlig sinnlos ohne die eigentliche Basis des Batterie-elektrischen Fahrens: die Heimladung. Das deutlich langsamere Laden mit Wechselstrom auf dem eigenen Stellplatz oder auch an der Arbeitsstelle ist das Fundament der E-Mobilität. Wenn das Auto ohnehin steht, zum Beispiel über Nacht, kann der Strom gemütlich in den elektrochemischen Speicher fließen.
Dazu brauchen die Besitzer eine Wallbox, eine Art besseren Sicherungskasten mit Softwaresteuerung. So bietet das Unternehmen Mennekes Wallboxes an, die in Zukunft in Abhängigkeit des aktuellen Strompreises laden können. Das Produkt ist dazu bereits in der Lage. Die Versorgungsunternehmen und die Juristen aber sind noch nicht so weit.
So haben kürzlich der Verteilnetzbetreiber Stromnetz Hamburg GmbH und das IT- und Energieunternehmen LichtBlick ein Projekt gestartet, bei dem Batterie-elektrische Autos ähnlich wie Nachtspeicherheizungen zur Schlafenszeit 30 Prozent günstiger geladen werden sollen. Das gebe das Energiewirtschaftsgesetz her, heißt es von den beiden Unternehmen, es fehle aber noch „an der erforderlichen Ausführungsbestimmung, die Rechtssicherheit für alle Beteiligten geben würde“.
Ohne Heimladung geht es weder beim luxuriösen Tesla noch beim preisgünstigen Renault Zoe. Wenn künftig ein signifikanter Anteil der 44 Millionen in Deutschland zugelassenen Pkw ausschließlich mit Strom fahren soll, führt an einer massenhaften Verbreitung von Wallboxen kein Weg vorbei. Es müssten Millionen werden. Das könnte die Bundesregierung sinnvoll fördern. Die Kosten belaufen sich je Wallbox auf rund 1.500 Euro, und diese Investition verpufft anders als eine einmalige Kaufprämie nicht.
Städte in der Bredouille
In den Städten, wo die Bewohner besonders unter giftigen Abgasen leiden, ist die Umsetzung einer Ladeinfrastruktur am schwierigsten. Gerne würden die Kommunen lieber heute als morgen den mit Diesel betriebenen Lieferverkehr durch Stromer ersetzen. Vom Durchbruch aber ist man weit entfernt. So darf es schon als Fortschritt gelten, wenn wie jetzt in Hamburg Autos mit Verbrennungsmotor abgeschleppt werden können, die falsch auf Ladeplätzen parken. Und wer kann sich vorstellen, dass Tausende von Ladesäulen, die optisch irgendwie an Parkautomaten erinnern, die Gehwege einer Metropole verunzieren?
Im Ergebnis bleibt die aus heutiger Sicht ideale Lösung für Batterie-elektrische Autos eine Kombination: Zu Hause kann netzdienlich und langsam geladen werden, unterwegs muss der Strom so zügig wie möglich in den Akku.
Die Amerikaner von Tesla Motors zeigen mit ihrer „Just do it“-Mentalität, was möglich ist. Was bleibt, ist ein Fragezeichen. Heute fahren nur gut 3.000 Model S durch die Republik, insgesamt sind weniger als 50.000 Autos mit Stecker zugelassen. Um die an den Autobahnen erforderlichen Energiemengen umzusetzen, sind wahrscheinlich Hunderttausende der aufwendigen Schnellladepunkte notwendig. Oder es schlägt doch die Stunde der Elektroautos mit Brennstoffzelle. Deren Tank ist in spätestens drei Minuten gefüllt – eine Lösung mit Komfort.