Das Laden von Elektroautos verändert sich: Zahlenmäßig am häufigsten kommt heute die gemütliche heimische Wallbox mit Wechselstrom (abgekürzt AC für Alternating Current) vor. An Autobahnen dagegen muss viel elektrische Energie in möglichst wenig Zeit in die Fahrzeuge gebracht werden; hier sind ausschließlich leistungsstarke DC-Ladegeräte (für Direct Current oder Gleichstrom) zu finden. Und fürs so genannte Opportunity Charging zum Beispiel auf Supermarktparkplätzen werden zurzeit häufig eine oder zwei schnelle DC-Säulen mit je zwei Kabeln errichtet. Kauf bitte hier bei uns ein, weil Du auch Strom mitnehmen kannst. Eine neue Infrastrukturlösung macht das Laden nun noch diverser: Das DC-Laden mit Powerblock und Dispenser, vereinfacht übersetzt mit einer Zentraleinheit und mehreren Abnahmepunkten. Dieser Systemansatz ist geeignet für das Opportunity Charging, für Firmenparkplätze und für die Logistik, also nicht nur für Pkw, sondern auch für Lkw. Ein Vorteil ist die Skalierbarkeit.
„Für die Planung der Infrastruktur ist es wichtig, das Laden in den Alltag der Geschäftsprozesse zu integrieren“, erklärt Dr. Jörg Heuer von EcoG. Heuer ist Gründer und CEO der Tech Company EcoG, die unter anderem Soft- und Firmware anbietet und deren Können in 15 Prozent aller neu verkauften DC-Ladegeräte eingebaut ist. Geschäftskunden kaufen im Regelfall nicht direkt bei EcoG, sondern eher bei deren Kunden wie iCharging oder Siemens.
Standalone Charger oder Powerblock mit Dispenser
Ein wesentlicher Unterschied zwischen einzelnen freistehenden DC-Ladern und der Kombination von Powerblock und Dispenser ist die Leistungselektronik: Standalone Charger sind eine typische Einsteigerlösung. Jedes Gerät hat eine eigene Leistungselektronik mit der dazugehörigen Peripherie wie der Kühlung. Daraus ergibt sich ein entsprechender Platzbedarf sowie eine Überdimensionierung der Komponenten. Außerdem mag nicht jeder Nutzer das Schrankdesign und die unmittelbaren Geräusche vom Rauschen bis zum Fiepen.
Anders ist es beim Aufbau mit zentralen Powerblock: In den Dispensern für die flexible Verteilung ist keine Leistungselektronik eingebaut. Sie sind die direkte und leise Schnittstelle zum Elektrofahrzeug (Pkw, Lkw) und erledigen neben dem Stromdurchfluss die Softwarekommunikation, also zum Beispiel die Regelung der Ladeleistung, die beim Powerblock abgefragt wird.
Angepasste Auslegung
Die Abnahmepunkte können dem Zweck entsprechend gestaltet werden. Für einen Firmen- oder Supermarktparkplatz etwa besonders schlank und nicht zwangsläufig auf sehr hohe Ladeleistung ausgelegt; ein gekühltes Kabel ist nicht unbedingt notwendig. In einem Logistikzentrum für schwere Lkw sind die Anforderungen an die Dispenser ganz anders. Hier kann es zum Beispiel sinnvoll sein, dass die flüssigkeitsgekühlten Kabel von oben kommen, um die Manövrierbarkeit zu gewährleisten. Für den Schwerlastverkehr sind extrem hohe Ladeleistungen erforderlich.
Der Powerblock sollte von Beginn an so ausgelegt werden, dass er den perspektivischen maximalen Ausbau beliefern kann. Derzeit liegt die Leistungsspanne zwischen einem halben und mehreren Megawatt, wobei die Zahl nicht auf diese Spanne begrenzt ist.
Im Dutzend billiger
Natürlich geht es immer auch ums Geld. EcoG schätzt, dass ein Parkplatz mit acht bis zwölf Ladedispensern etwa 25 Prozent preisgünstiger ist als der gleiche Aufbau mit Standalone Chargern.
Den gleichen prinzipiellen Ansatz wie EcoG verfolgt auch Go Eeve aus Großbritannien, eine Ausgründung des Imperial College London und des University College Dublin in Irland. Go Eve nennt das System Dockchain; bei EcoG redet man lieber von einer Verteilmatrix als von einer Kette.
Vielfalt in der Ladewelt
Kritiker werden monieren, dass ein DC-Ansatz bei vielen Randbedingungen teurer ist als mehrere AC-Punkte. Das stimmt häufig. Investitionskosten sind aber nicht das einzige Argument, sonst würde es niemanden geben, der auf Supermarktparkplätzen DC-Geräte aufbaut. Vielmehr haben etliche Betreiber erkannt, dass sich nur durch die großen Strommengen der DC-Infrastruktur überhaupt Geld verdienen lässt.
Eine Frage ist auch, was dem Kunden eigentlich geboten werden soll: So viele Kilowattstunden, wie er für die Einkaufstour hin und zurück braucht – oder darfs etwas mehr sein? Dieser Aspekt wird mit der langfristigen massenhaften Verbreitung von Elektrofahrzeugen erheblich wichtiger. Es wird viel mehr elektrische Energie verteilt werden, wenn die Prognosen für den Hochlauf auch nur ungefähr eintreffen.
Das Laden an sich diversifiziert sich. 2013 war es eine tolle Sache, mit einer Renault Zoe 22 kW an AC-Punkten abzugreifen. Über zehn Jahre später ist jedes Elektroauto DC-schnellladefähig, und an den Knotenpunkten der Verkehrsachsen gibt es am Freitagnachmittag gelegentlich schon Warteschlangen in den DC-Ladeparks. Sowohl in der ländlichen Fläche als auch im verdichteten urbanen Raum verbreiten sich DC-Geräte auf öffentlich zugänglichen Parkplätzen. Mineralölkonzerne wie Shell (Recharge) und BP (Aral Pulse) ersetzen Zapf- durch DC-Säulen. In dieser vielfältigen Welt des Ladens ist die Lösung aus Powerblock und Dispenser ein zusätzlicher Ansatz. Er wird vor allem auf den Parkplätzen von Firmen und Einkaufszentren sowie in Logistikhubs erfolgreich sein.
Erschienen bei heise Autos.