Kürzungsprozess: Die THG-Quote.

Die Halter von Elektroautos freuen sich: Einmal im Jahr können sie Geld aus dem Emissionshandel bekommen. Das verbessert neben dem Erlass der Kfz-Steuer und niedrigeren Wartungspreisen die Gesamtkostenbilanz des Elektroautos. Je nach Jahr und Anbieter kommen rund 250 bis 400 Euro zusammen. Vereinfacht gesagt beauftragen die Fahrzeughalter einen Zertifikatehändler mit dem Verkauf der eigenen CO2-Minderungsquote an die Mineralölkonzerne. Diese erfüllen so die gesetzlichen Senkungsvorgaben und holen sich die Kosten anschließend an der Tankstelle zurück. Das gängige Kürzel dafür lautet: THG-Quote (für Treibhausgasminderungsquote). Jetzt aber hat die Bundesregierung weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit mehrere Kürzungen beschlossen. Der Beschluss vom 28. Juni zur Veränderung der Verordnung wurde in einem typischen Sammelverfahren verabschiedet, und die Kritik von Verbänden wurde in großen Teilen ignoriert.

Die wichtigsten drei Punkte in der Übersicht:

  1. Stichtagsregelung

Für die Berechnung der THG-Quote arbeitet das Umweltbundesamt (UBA) für das federführende BMUV (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz) mit Pauschalen. So wird angenommen, dass pro Jahr 2.000 Kilowattstunden (kWh) Strom von einem Elektroauto verbraucht werden.

Diese Pauschalberechnung führte bisher dazu, dass jedes Elektroauto, egal ob es am 3. Januar oder 9. Dezember neu zugelassen wurde, für das laufende Abrechnungsjahr die volle Prämie erhalten konnte. Der Stichtag für die Anmeldung lag nämlich am 28. Februar das Folgejahrs.

Dieser Termin wird nun drastisch auf den 15. November vorgezogen. Die offizielle Begründung: Das überforderte Umweltbundesamt wird weniger belastet. In der Behörde ist eine niederschwellige Digitalisierung des Prozesses bis heute nicht gelungen.

Die negativen Auswirkungen dieser Regelung sind groß: Alle Elektroautos, die entweder nach dem 15. November neu zugelassen werden oder deren Halter es nicht geschafft haben, die Frist einzuhalten, gehen für das konkrete Jahr komplett leer aus.

Im November und Dezember sind die Zulassungszahlen meistens besonders hoch. In Deutschland kam zur typischen Jahresendrallye zuletzt noch die drohende Kürzung des so genannten Umweltbonus, also der direkten Kaufsubvention, hinzu: Gut ein Drittel der 2022 neu gekauften Elektrofahrzeuge wurden in den letzten beiden Jahresmonaten zugelassen.

Wilko Eggers, Strategieleiter und Mitgründer bei „Geld für E-Auto“ freut sich zwar über die an sich gute Zusammenarbeit mit den Menschen im UBA, kritisiert das Vorgehen der Bundesregierung aber deutlich: „Das BMUV weigert sich, die eigene Behörde zu digitalisieren und kappt stattdessen die Zahl der Anträge.“ Eggers weist darauf hin, dass die Positionen der Verbände in den Anhörungen in keiner Weise berücksichtigt wurden. Den Schaden haben die Verbraucher. „Das Umweltbundesamt als zuständige Behörde hat weniger Arbeit – sonst profitiert niemand davon, und das beschädigt den Hochlauf der Elektromobilität“, so Wilko Eggers.

  1. Einschränkung der Fahrzeugklassen

Was für ein Spaß: Wem es gelungen ist, ein Leichtelektrofahrzeug wie einen 45 km/h-Scooter freiwillig zuzulassen, konnte die Prämie in voller Höhe einstreichen. Das ist vorbei. Nur bei Zulassungspflicht statt Freiwilligkeit ist es möglich, die THG-Quote zu generieren.

Tatsächlich war der Pauschalverbrauch von 2.000 kWh/a, der für Pkw berechnet wurde, für e-Scooter und andere viel zu hoch angesetzt. Die Lösung wäre gewesen, einen entsprechend niedrigen Verbrauch festzusetzen und die Quote nach unten anzupassen. Das haben das BMUV und das UBA nicht getan.

Das Problem: Auch sehr neue Fahrzeugklassen, für die es noch keine finale gesetzliche Einordnung gibt, sind von der THG-Quote ausgeschlossen. Das betrifft zum Beispiel elektrische Lkw von 3,5 bis zwölf Tonnen (N2) und Lkw über zwölf Tonnen (N3).

Angesichts der Tatsache, dass ein hoher Anteil der CO2-Emissionen im Straßenverkehr auf den Schwerlastverkehr entfällt, ist diese Regelung nicht nachvollziehbar.

  1. Veröffentlichungspflicht der Adresse für Wallboxes

 Private Wallboxen konnten bisher als öffentlich zugänglich deklariert werden. Die Betreiber haben auf Antrag eine zusätzliche THG-Quote generiert und eine zusätzliche Zahlung – also faktisch eine zweite THG-Quote neben dem Elektroauto – eingenommen. In Zukunft müssen bei der Bundesnetzagentur (BNetzA) die Adressen transparent angezeigt werden. Das war bisher nicht der Fall. So sollen jene Wallboxes herausgedrängt werden, die gar nicht öffentlich zugänglich sind.

Hier ist eine eigentlich richtige Entscheidung getroffen worden. Aber: Umweltorganisationen wie der NABU und Transport & Environment hatten die alte Regelung ein „Vorbild für Europa“ genannt, weil es einen zusätzlichen Anreiz gab, elektrisch zu fahren. Dieser Vorteil dürfte nun in etlichen Fällen wegfallen.

Erschienen bei heise Autos.

Bildquelle: Christoph M. Schwarzer

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