Le Petit Ami

Der Renault 5 sei „speziell für den Transport von Baguettes vom Bäcker ausgestattet“. Für diesen Zweck könne, so heißt es wörtlich von Renault, rechts von der Mittelkonsole ein Korb aus Weidengeflecht angebracht werden. Das ist eine Petitesse. Der Renault 5 hat substanziell viel mehr zu bieten. Er ist einer der raren elektrischen Kleinwagen. Und er hat Funktionen vom Routenplaner mit Vorkonditionierung bis zum bidirektionalen Laden, die auch in höheren Segmenten keineswegs selbstverständlich sind. Es ist offensichtlich: Renault hat aus zehn Jahren und Hunderttausenden Zoes gelernt. Das Resultat ist der R5, den wir gerne so abkürzen, obwohl der Hersteller das nicht tut. Der Preis zum Marktstart im Herbst: Ab circa 25.000 Euro.

Die Serienversion des Renault 5 E-Tech Electric entspricht beim Design nahezu unverändert der Konzeptstudie von 2021. Die Formensprache ist kantiger und dynamischer als bei La Zoe, und natürlich ähnelt der R5 dem millionenfach verkauften gleichnamigen Kleinwagen, der von 1972 an gebaut und 1996 durch den Clio abgelöst wurde.

Geringe Verkehrsfläche und Google-Integration

Die Maße: Der R5 ist 3,92 Meter (m) lang und hat einen Radstand von 2,54 m. Die Breite beträgt 1,77 m und die Höhe 1,50 m. Das sind typische Proportionen im B-Segment der Kleinwagen. Das Kofferraumvolumen ist mit 326 Litern (l) relativ groß, und die Zuglast der Anhängerkupplung liegt bei bis zu 500 Kilogramm (kg).

Der Renault 5 wird anfangs in den drei Ausstattungsvarianten Evolution, Techno und Iconic angeboten. Später kommt – ähnlich wie beim Mini John Cooper Works – die Sportversion A290 der Submarke Alpine hinzu. Außerdem, und das richtet sich direkt gegen Peugeot, plant Renault ein Sondermodell Roland Garros. Der Fliegerheld hat wie der deutsche Rote Baron Manfred von Richthofen im Ersten Weltkrieg gekämpft. Nach Roland Garros ist neben etlichen Peugeot-Versionen das Tennisturnier der French Open benannt.

Serienmäßig sind 18-Zollräder mit 195er-Bereifung, ein zentrales zehn Zoll-Bediensystem mit Google-Integration (kompatibel mit Android Auto und Apple CarPlay), die Freisprecheinrichtung sowie LED-Scheinwerfer mit Fernlichtautomatik vorhanden. Insgesamt sind fünf Farben erhältlich: Pop Yellow und Pop Green, Nacht-Blau, Black-Pearl-Schwarz sowie Perlmutt-Weiß.

Zwei Batteriegrößen, drei Motorversionen

Zu den Antrieben: Die Kunden können zwischen zwei Traktionsbatterien mit 40 oder 52 Kilowattstunden (kWh) wählen. Die vorläufige Reichweite nach WLTP liegt bei 300 beziehungsweise 400 Kilometern (km). Das Leergewicht beträgt ungefähr 1.350 Kilogramm (kg) bei 40 kWh und circa 1.450 kg bei 52 kWh.

Die Batteriezellen haben ausnahmslos NMC-Kathoden, eine Mischung aus Nickel, Mangan und Kobalt. Für die 52 kWh-Traktionsbatterie kommen vier Module zu je 46 Zellen zum Einsatz. Für die 40 kWh-Version sind es drei Module zu je 31 Zellen. Die Wärmepumpe ist in der neuen Plattform AmpR Small serienmäßig. Es wird auch Abwärme genutzt, um Energie zu sparen.

Der Synchronmotor im Renault 5 benutzt keine seltenen Erden wie Neodym. In Verbindung mit der 52 kWh-Traktionsbatterie leistet er 110 kW (245 Newtonmeter Drehmoment), für die 40 kWh-Version sind es 90 oder 70 kW (225 / 215 Nm). Der Antriebsstrang inklusive Ladegerät wiegt dank verbesserter Systemintegration nur 105 kg. Zur Markteinführung steht zuerst die 110 kW-Version in den Ausstattungslinien Techno und Iconic zur Verfügung. Die anderen folgen.

Bidirektionales Laden V2L und V2G

Ein besonderes Kapitel ist das Laden: Das elf kW Ladegerät für Wechselstrom (abgekürzt AC) ist in den Motorversionen mit 110 und 90 kW serienmäßig bidirektional ausgelegt. Das heißt, dass der R5 sowohl externe elektrische Geräte (V2L für Vehicle-To-Load) mit bis zu 3,7 kW Leistung versorgen als auch Strom ins Netz (V2G für Vehicle-To-Grid) einspeisen kann. Das Einstiegsmodell mit 70 kW kann ausschließlich unidirektional laden und ist nicht DC-fähig.

Renault geht mit dem bidirektionalen AC-Laden einen Sonderweg (die anderen setzen auf DC), der allerdings für alle Elektroautos des Konzerns kommen soll. Voraussetzung für die sinnvolle Netzintegration im deutschen Markt ist vorerst die Bindung an den Partner The Mobility House mit der Mobilize PowerBox Verso.

Vorkonditionierung und Plug & Charge

DC-seitig, also mit Gleichstrom an den Schnellladesäulen, lädt die größere Traktionsbatterie mit 100 kW und die kleinere mit 80 kW. Das ist in dieser Klasse durchschnittlich. Über den Standard in diesem Segment hinaus geht der R5 mit zwei anderen Features: Die Traktionsbatterie wird für den Ladestopp im Routenplaner gezielt vorkonditioniert, also je nach äußeren Bedingungen geheizt oder gekühlt. Sogar Plug & Charge ist serienmäßig: An Ladesäulen, die das softwareseitig unterstützen, muss lediglich das Kabel eingesteckt werden. Der Rest läuft automatisch. Abseits davon können alle Funktionen des Ladens über eine App verwaltet und gesteuert werden.

Renault hat es auch beim Fahrwerk gut gemeint mit dem elektrischen Kleinwagen: Der Wendekreis beträgt 10,3 Meter. Und für die Agilität außerhalb der Stadt hat der R5 eine Mehrlenkerhinterachse. Dem Frontantrieb zum Trotz wird hier also Kurvenspaß vorhanden sein.

Umfangreiche Assistenzsysteme

Bei den Assistenzsystemen gibt es deutlich mehr, als der Gesetzgeber vorschreibt: So sind ein Rückfahr-Notbremsassistent, ein Notfall-Spurhalteassistent und ein Ausstiegsassistent bestellbar. Über eine Taste links vom Lenkrad lassen sich die bevorzugten Einstellungen für fünf Systeme gleichzeitig aktivieren oder deaktivieren. Solche Wahlmöglichkeiten wird die Autoindustrie demnächst häufig anbieten – die Fahrer können so zum Beispiel die nervtötenden Warnungen der Verkehrszeichenerkennung verstummen lassen.

Der optionale intelligente adaptive Tempomat erkennt kommende Kreisverkehre und Kurven. Der Active Driver Assist arbeitet teilautomatisiert nach Level 2 inklusive Spurmittenführung, Stop & Go-Funktion sowie der Möglichkeit, unter 50 km/h auf der Autobahn eine Gasse zu bilden, ohne dass das System aussteigt. Klare Sache: Das hat es bei der Zoe nicht im Ansatz gegeben, und die Wettbewerber können das ebenfalls nicht.

Kaum Konkurrenz

Überhaupt, die Konkurrenz: Im B-Segment ist die Auswahl arg begrenzt. Der Citroen e-C3 ist ab 23.300 Euro zu haben. Für den Citroen wird es etliche der Funktionen des Renault 5 selbst gegen Aufpreis nicht geben. Zwar brauchen viele Nutzer weder einen Routenplaner noch einen adaptiven Geschwindigkeitsregler. Trotzdem zeigt sich hier eine klare Abgrenzung – beim Renault können die Käufer viel bestellen, wenn sie bereit sind, es zu bezahlen.

Eigentlich gehören der Peugeot e-208 und der Opel Corsa-e zu den direkten Wettbewerbern. Angesichts der Preispolitik im Stellantis-Konzern sowie dem im Vergleich veralteten Antriebsstrang könnte der Renault die Wahl der Profis und automobilen Gourmets werden.

Fertigung in Frankreich

Der R5 wird im französischen Douai gefertigt. Dort entsteht eine Gigafactory für die Traktionsbatterie in Kooperation mit AESC-Envision, die ab Sommer 2025 lieferfähig sein soll. Vorerst produziert das Werk in Ruitz die elektrischen Speicher. Renault strebt bis 2025 an, in der unmittelbaren Montage klimaneutral zu sein, was in Frankreich bedeutet, dass die elektrische Energie in Kernkraftwerken erzeugt wird.

Der Renault 5 E-Tech Electric setzt den neuen Maßstab im elektrischen Kleinwagensegment. Das französische Ingenieursteam hat den R5 mit der Liebe entwickelt, die zum Beispiel Toyota bei den Elektroautos völlig fehlt. Zwar sind einige Spezialitäten wie die umfangreichen Assistenzsysteme nur gegen Aufpreis zu haben. Das wird beim für 2026 erwarteten Volkswagen ID.2 aber nicht anders sein. In Wolfsburg wird man sich den R5 genau ansehen und feststellen, dass es durchaus möglich ist, einen attraktiven elektrischen Kleinwagen in Europa zu bauen. Chapeau!

Erschienen bei heise Autos.

Bildquelle: Renault

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